24-09-2008 Beijing Rundschau
Festhalten an der Vergangenheit
von Tang Yuankai

Da immer mehr Leute von Sammelleidenschaft ergriffen werden, ist die Suche nach alten Sammlerstücken zu einem großen Geschäft geworden.

Schatztruhe: Sammler erwerben ihre Stücke in Panjiayuan, dem großen Beijinger Flohmarkt

Shu Wen hatte keine Ahnung, dass Sammeln in China so beliebt ist. Der Doktor der Soziologie, frisch aus Frankreich zurück, beschäftigte sich studienhalber mit dem Sammlermarkt und war verblüfft.

Am 7. Juli hatte er geschäftlich in Shanghai zu tun. Shu, inzwischen Mitglied der Bejinger Sammler-Vereinigung, wunderte sich über die langen Schlangen vor jeder Filiale der fünf großen Geschäftsbanken. Bei seiner Rückkehr nach Beijing am nächsten Tag bot sich ihm dort das gleiche Bild. Später hat er den Grund für diesen Menschenauflauf erfahren: die Nationalbank hatte gerade die Sonderbanknote zu den Olympischen Spielen herausgegeben. Noch bevor der 10-Yuan-Geldschein ( ca. 1 EUR) überhaupt in Umlauf kam, war sein Wert schon auf 400 bis 600 Yuan gestiegen.

Bei anhaltendem Wirtschaftswachstum und mehr Geld in der Tasche, das dem Verbraucher zur Verfügung steht, habe eine wachsende Zahl ganz normaler Bürger ihre Sammelleidenschaft entdeckt. Auf der Grundlagen von Daten der Chinesischen Sammler-Vereinigung schätzt Shu die Zahl von Sammlern landesweit auf 30 bis 40 Millionen. Einige Experten gehen davon aus, dass es unter Einrechnung der nichtorganisierten Sammler sogar über 70 Millionen sein dürften, also ungefähr 6 Prozent der Bevölkerung. Aus den unterschiedlichsten Gründen werden heute Sammlungen angelegt: Nostalgie, Zeitvertreib, Selbstvervollkommnung oder einfach aus Gewinnstreben, sagt Shu.

In der chinesischen Geschichte hat es bislang fünf Wellen von „Sammelfieber" gegeben: während von den ersten vier vor allem hochrangige Beamte oder reiche Leute erfasst worden waren, sind heutzutage Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten als Sammler unterwegs.

Sammlerparadies

Einer der Schauplätze des Sammeleifers ist Panjiayuan, ein Flohmarkt im Südwesten Beijings und eine Schatztruhe für jeden Sammler, in der man interessante Einblicke in die reichhaltige Welt des Sammelns gewinnen kann. Der Flohmarkt - ungefähr so groß wie sieben Fußballfelder - ist übersät mit einer Vielzahl von Antiquitäten und Nippes, von Porzellan und Jade bis hin zu alten Büchern und antiken Möbeln. Der Besuch dieses Flohmarkts ist ein Muss für „rote Sammler", Leute, die sich auf das Sammeln von Andenken aus der Zeit der Kulturrevolution (1966-1976) verlegt haben. In den letzten Jahren sind „Maobibeln", Anstecker mit dem Konterfei des „Großen Steuermanns" und Propaganda-Fotos zu sehr begehrten Objekten auf privaten oder staatlichen Auktionen geworden.

Propagandaplakate waren im China der 50er und 60er Jahre weithin in Gebrauch, doch nur wenige der Originale haben die Zeiten überdauert, ihr Marktwert ist nun entsprechend in die Höhe geschnellt. Bilderbuchreihen sind ebenfalls heißbegehrte Sammelobjekte. Vor fünfzig Jahren waren diese Publikationen teils in Form von Comic-Geschichten ungemein beliebt und weit verbreitet. Ihre Leser waren zumeist Kinder. In den 80er Jahren ging die Leserzahl stark zurück. In letzter Zeit, nachdem Sammler ihre Leidenschaft für diese Bücher entdeckten, wird ihr historischer und künstlerischer Wert wieder mit ganz neuen Augen gesehen.

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