Behinderte Künstler: In „Meinem Traum" bin ich nicht traurig

Die Mitglieder des Ensembles behinderter Künstler haben die Angewohnheit, sich untereinander „Kinder" zu nennen, denn der Proberaum des Ensembles liegt im Forschungszentrum für die Behandlung gehörloser Kinder. Dort trainieren die „Kinder" derzeit hart, denn sie werden große Auftritte haben: Bei der Eröffnungs- und Abschlusszeremonie der Paralympics 2008 sowie bei der Tanz- und Musikshow „Mein Traum", die vom 7. - 15. September als Hommage an die Paralympischen Spiele in Beijing aufgeführt wird. Im Proberaum unterhalten sich die Blinden trotz des harten Trainings in gelöster Stimmung, und die gehörlosen Künstler lächeln, schneiden lustig Grimassen und sprechen in Gebärdensprache mit ihren Klassenkameraden, wenn ihre Tanzlehrer sie auf Fehler bei den Übungen hinweisen. Sie scheinen so fröhlich und sorglos zu sein, dass man fast vergisst, dass sie körperliche Defekte haben.

Das Ensemble behinderter Künstler (China Disabled People's Performing Art Troupe), wurde im Jahr 1987 gegründet. In über 60 Ländern der Erde ist das Ensemble schon aufgetreten. Auf allen Erdteilen konnte man sie schon bewundern. Ihren bisher größten Auftritt hatten sie als „Botschafter der Schönheit und der Menschlichkeit" bei der Abschlussfeier der Paralympics in Athen 2004. Im März dieses Jahres war das Ensemble mit dem Tanz „Buddha mit 1000 Händen" bei „Wetten, dass..?" zu Gast. Während ihres Besuchs des Friedensdorfes International in Oberhausen hat das Ensemble 50 000 US-Dollar für Kinder gespendet, die aufgrund von Kriegseinwirkung an Behinderungen leiden. Im Herbst geht das Ensemble auf Deutschlandtournee.

Jin Yuanhui: Musik ist den ganzen Tag um mich

Strahlender Sonnenschein im Proberaum. Die blinden Künstler scheinen in guter Laune, obwohl sie die goldenen Sonnenstrahlen nicht sehen können. Als sie von der Anwesenheit einiger Ausländer erfahren, schlägt der Klavierspieler Jin Yuanhui seinen Partnern vor: „Lasst uns für die ausländischen Gästen einige Lieder aus ihren Ländern spielen!" „Kein Problem!", antworten seine Kollegen in lockerem Ton. Danach stimmen die blinden Künstler - angeführt vom Klavier - mit ihren Instrumenten Erhu (zweisaitiger chinesischer Geige), Saxophon und Guzheng ein Potpourri französischer, englischer, deutscher und chinesischer Melodien an. Gäbe es nicht die Sonnenbrillen auf ihren Gesichtern, würde man niemals glauben, dass die Künstler sehbehindert sind. Das kleine Orchester funktioniert perfekt - auch ohne Dirigent! Die Musiker haben sich unzählige Male die Melodien auf Musikkassette angehört, den Takt gezählt und Tausende Male gemeinsam geübt, so dass jetzt alle sehr gut zusammenwirken.

Jin Yuanhui ist eine Art Koordinator für das Orchester. Er wählt die Lieder aus und sorgt für die Arrangements. Der Vierundzwanzigjährige stammt aus der Küstenstadt Qingdao und ist der Künstler, der am längsten beim Ensemble ist. Er ist von Geburt an blind und hat nie Licht gesehen. Er liebt sehr die Musik und ist ein Naturtalent. Bereits im Alter von einem Jahr konnte er auf dem Spielzeugklavier einfache Takte spielen. Als er zwei Jahre alt war, begann er Hammond Orgel zu spielen, mit nur vier Jahren absolvierte er seinen ersten Auftritt. Rückblickend sagt er: „Damals war ich so klein, dass ich noch gar nicht wusste, was Lampenfieber ist!" Im Alter von sechs Jahre wurde er ins Ensemble aufgenommen, und mit sieben Jahre fuhr er zum ersten Mal zu einer Aufführung ins Ausland.

Jins Vater lebte immer in Beijing und führte dort ein einfaches Leben. Um sich besser um den Sohn kümmern zu können, verdiente der Vater sein Brot als Kantinenaushilfe oder fuhr Waren auf Transporträdern aus. „Glücklicherweise ist mein Vater nach seinem fünfzigsten Lebensjahr zurück nach Qingdao gegangen. In den vergangenen zwei Jahren habe ich gelernt, Wäsche zu waschen. Das ist ein großer Erfolg für mich", sagt Jin.