21-05-2008 Beijing Rundschau
Lehren, die gezogen werden müssen
von Li Li

Zwei Tage nach dem Erdbeben, das die Provinz Sichuan heimgesucht hat, führte Li Li von der Beijing Rundschau mit Shi Peijun ein Interview über die eingeleiteten Hilfsmaßnahmen. Shi Peijun ist Mitglied des Sachverständigenausschusses des Komitees für Katastrophenschutz, welches dem Staatsrat untersteht und Chinas wichtigstes Beratungsgremium in Sachen Katastrophenhilfe ist.

Was kann China für Lehren aus diesem Erdbeben ziehen?

 

Beijing Review: Wie schlimm ist das Erdbeben im Vergleich mit anderen Erdbeben in der Geschichte Chinas?

Shi Peijun: Es ist das schlimmste Erdbeben in China seit 1949, wenn man das Erdbeben in Tangshan in der Provinz Hebei im Jahr 1976 außer Acht lässt. Das betroffene Gebiet ist größer als das beim Erdbeben damals in Tangshan.

 

Wie viele Schritte sind für die Rettungsaktionen und den Wiederaufbau nach dem Erdbeben notwendig und woran muss bei jeder Phase gedacht werden?

Die Rettungsmaßnahmen und der Wiederaufbau nach dem Erdbeben kann man normalerweise in drei Schritte unterteilen: Der erste und wichtigste Schritt ist es in den ersten 72 Stunden nach dem Erdbeben nach Überlebenden zu suchen und sie zu retten. Die häufigste Todesursache in dieser Phase ist das Verbluten der unter den Trümmern eingestürzter Gebäude verschütteten Menschen. Deshalb hängt der Erfolg der Rettungsbemühungen davon ab, wie schnell die Menschen geborgen und ihre Verletzungen medizinisch versorgt werden.

Im zweiten Schritt wird versucht, das Gebiet wieder mit Strom und Wasser zu versorgen, Telefonleitungen zu reparieren und das Straßennetz wieder instand zu setzen, um in die zerstörten Gebiete vordringen zu können. Diese Arbeiten sollten innerhalb einer Woche abgeschlossen sein. Geschieht das nicht, kann eine Epidemie ausbrechen, weil die Leichen anfangen zu verwesen. Zu Epidemien ist es in China nach Erdbeben durchaus schon gekommen. Das würde eine zweite Katastrophe nach sich ziehen, die noch mehr Menschenleben kostete als das Erdbeben an sich.

Der dritte Schritt ist die Wiederaufbauphase, in der langsam wieder das normale Alltagsleben in das Gebiet zurückkehrt. Aber ich denke, dass der Wiederaufbau sehr lange dauern wird. Denn die Gebiete, die am schlimmsten vom Erdbeben betroffen sind, liegen in bergigen Regionen, wo es sehr schwer sein wird, die Verkehrsverbindungen wiederherzustellen.

 

Was kann China für Lehren aus diesem Erdbeben ziehen?

Als erstes muss die Regierung striktere Auflagen beim Bau neuer Gebäude in den drei Erdbebenregionen im Nordwesten, Südwesten und im Norden des Landes einführen, damit die Gebäude auch stärkeren Erschütterungen standhalten. Während des Erdbebens wären viele Gebäude nicht eingestürzt, wenn sie stabiler gebaut gewesen wären.

Zweitens muss die chinesische Öffentlichkeit besser informiert werden, wie man sich bei einem Erdbeben zu verhalten hat. Das Beben hätte nicht so viele Todesopfer fordern müssen. Als ich im Fernsehen die Rettungsaktionen verfolgte, sah ich in Krankenhäusern in Dujiangyan, dass viele Menschen im ersten und zweiten Stock von den Trümmern verschüttet waren, während Menschen in höhere Etagen sich retten konnten. Der Grund ist, dass Menschen in tieferen Stockwerken die Schwere eines Erdbebens falsch einschätzen.

Wir wissen, dass es in Japan weniger Todesopfer bei Erdbeben gibt, obwohl dort sehr häufig Erdbeben auftreten. Das liegt daran, dass die japanische Regierung der Öffentlichkeit Maßnahmen aufzeigt, wie man sich bei einem Erdbeben schützen kann. Man kennt das von Alarmübungen: der Lehrer ruft „Erdbeben!“ und die Schüler suchen unter den Schulbänken Zuflucht. Ich habe ähnliche Versuche in chinesischen Grundschulen durchgeführt. Das Ergebnis war, dass keiner der Schüler wusste, dass man sich bei einem Erdbeben am besten unter einen Tisch flüchtet. Deshalb sollte die Regierung die Öffentlichkeit darüber aufklären, wie man sich bei einem Erdbeben in Sicherheit bringen kann.

Drittens muss die chinesische Regierung mehr Geld im Bereich Katastrophenschutz investieren. Ich sehe mit Sorge, dass der Anteil, den die Ausgaben für Katastrophenschutz am Gesamthaushalt haben, seit den 50er Jahren kontinuierlich abgenommen hat.

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