26-02-2008 Beijing Rundschau
Ist Beijing bereit für die olympischen Spiele?
von Matthias Mersch

Was wären olympische Wettkämpfe ohne passende Sportanlagen? Beginnen wir also mit dem, was am meisten ins Auge fällt, weil es von unübersehbarer Größe ist: olympisches Bauen.

Ende Januar wurden 80 000 Sitze im "Vogelnest" installiert. Die Vorbereitungen für das größte Sportfest der Welt biegen in die Zielgerade ein.(Quelle: Xinhua)

Jiang Xiaoyu, Sprecher und stellvertretender Präsident des Olympischen Organisationskomitees erklärte zu Jahresbeginn, dass 36 der insgesamt 37 olympischen Sportstätten fertig gestellt seien. Lediglich das neue Nationalstadion für über 90 000 Zuschauer, das beeindruckende „Vogelnest" der Schweizer Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron, sehe noch der Vollendung entgegen. Der Zeitplan werde eingehalten. Den Film zum Bauwerk gibt es übrigens bereits: die Dokumentarfilmer Christoph Schaub und Michael Schindhelm haben das Architekten-Duo vier Jahre lang bei ihrer Arbeit begleitet. Das Ergebnis dieses „building of" ist unter dem Titel „Bird´s Nest – Herzog & De Meuron in China" seit Ende Januar in Kinos in Deutschland und der Schweiz zu sehen.

Für das „Vogelnest" gilt wie für die anderen, teils bereits jetzt von Fachleuten hoch gelobten Austragungsorte, dass sie ihre Funktionstüchtigkeit nicht nur während der wenigen olympischen Tagen unter Beweis stellen, sondern nach dem Ende der Wettkämpfe ihre Alltagstauglichkeit erweisen sollen. Diese Überführung in ein Stück Lebensqualität für die Einwohner ist den Olympiastädten der Welt nicht immer gelungen. Aber die Aussichten für eine erfolgreiche Transformation in Beijing stehen gut, weil die weitere Nutzung von Anfang an konzipiert wurde und die Verantwortlichen bereits konkrete Pläne vorgelegt haben.

Um Nachhaltigkeit geht es auch bei der bangen Frage nach der Luftqualität. Werden die Sportler genug Luft holen können für Spitzenleistungen?

Zwar gehen Beobachter davon aus, dass für die Dauer der Wettkämpfe eine erträgliche Luftqualität garantiert werden kann – gegebenenfalls durch eine drastische Einschränkung des privaten Autoverkehrs und der Industrieproduktion im Stadtgebiet – was Sportlern und Touristen zugute käme, für die Stadt und deren Bewohner aber einem Pyrrhussieg gleichkäme, weil – so die Befürchtung - die Produktion in umweltbelastenden Betrieben nach dem Ende der Olympiade verstärkt wieder aufgenommen würde.

Die International Harald Tribune zitiert Hu Fei, den Direktor des Beijinger Instituts für Physik der Atmosphäre. Untersuchungen seiner Forschungseinrichtung haben ergeben, dass bis zu 60 Prozent des in der Umgebung des Nationalstadions messbaren und bei Sportlern besonders gefürchteten Ozons aus der Region um Beijing stammt und nicht aus der Stadt selbst. „Beijing ist eine Quelle der Luftverschmutzung, aber sie ist von weiteren Quellen umgeben. Bei Wind werden Schadstoffe in die Stadt hineingetragen, gibt es aber keinen Wind, so können die in der Stadt selbst produzierten Schadstoffe nicht aus dem Stadtgebiet hinausgeweht werden." Auch hier gilt also: umfassende Lösungen und konzertierte Aktionen sind einem kurzfristigen Krisenmanagement vorzuziehen.

Täglich wächst die Blechlawine, die sich durch Beijing wälzt, um 1 200 neuzugelassene Fahrzeuge. Der Aufbau eines leistungsfähigen Nahverkehrssystems ist deshalb von allergrößter Bedeutung. Zwar gibt es bereits seit 1965 eine U-Bahn, von einem Netz kann aber noch keine Rede sein, zu einseitig wurde in der Hauptstadt in den Jahren des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs auf den Straßenbau gesetzt. Zu einer spürbaren Entlastung des Straßenverkehrs in Nord-Süd Richtung hat die kürzlich erfolgte Eröffnung der neuen U-Bahnlinie 5 von Tiantongyuan nach Songjiazhuang geführt. Als wünschenswert gilt der Verbund von Auto- und U-Bahnverkehr durch die Anlage großer Parkplätze an den Endstationen, welche Pendlern die Nutzung der U-Bahn erleichtern sollen.

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