03-12-2007 Beijing Rundschau
Mehr Druck verbessert Lebensmittelqualität
von Jens Höfling

Die Landwirtschaft in China wird nicht ausreichend überwacht. Foto: SXC

Mangelnde Koordination bei der Überwachung

Dennoch werden die intensive Landwirtschaft, Aquakultur und Tierzucht nicht ausreichend überwacht. Landwirte und Tierzüchter setzen Mittel ein, die Nahrungsmittel extrem belasten und häufig die Ursache für Qualitätsprobleme sind. „Das liegt teilweise auch an strukturellen Problemen der Überwachung", so Bohnstedt. „Es gibt viele Überschneidungen in den Richtlinien, außerdem fehlt es an klar definierten Zuständigkeiten. An diesem Thema arbeitet man, was aber extrem schwierig ist. Wesentliche Bereiche der Lebensmittelüberwachung werden nicht genügend abgedeckt und in anderen Bereichen sind die Verantwortlichkeiten nicht klar definiert. Es kommt zu Überschneidungen. Und daraus ergeben sich wiederum Kompetenzstreitigkeiten zwischen verschiedenen Institutionen."

Ein vierstufiges System soll die Koordination zwischen den Institutionen erleichtern: bis zu den Märkten zeichnet das Landwirtschaftsministerium verantwortlich, für die Distribution ist SAIC, also die State Administration for Industry and Commerce zuständig, für die Lebensmittelverarbeitung die General Administration of Quality Supervision, Inspection and Quarantine (AQSIQ). Die Kontrolle des letztes Gliedes der Lieferkette - sprich Gaststätten, Restaurants und Kantinen - fällt in den Verantwortungsbereich des Gesundheitsministeriums. Das Handelsministerium, als politischer Träger des GTZ-Projekts, hat keine weitreichende Entscheidungsbefugnis in Sachen Lebensmittelsicherheit. Ihm untersteht lediglich nur ein Glied der langen Versorgungskette, die vom Ackerland über Fabriken bis zum Eßtisch reicht.

Letztlich ist es in China generell sehr schwierig, alle Interessen zu bündeln. Das hat auch der Staatsrat erkannt und im Juni dieses Jahres eine so genannte „Leitungsgruppe für Produktqualität und - sicherheit" berufen. Ihre Aufgabe ist es, die mangelhafte Koordination zwischen den Akteuren zu verbessern. Dennoch ist es – laut Medienberichten – fraglich, ob die Interessenbündelung zum Erfolg führt, da die Interessen der einzelnen Parteien zu ausgeprägt und divergierend sind. Im kommenden Herbst soll ein neues Lebensmittelgesetz in Kraft treten. „Wir hoffen, dass dieses Gesetz unsere Zusammenarbeit mit der Leitungsgruppe verbessern wird."

Absolute Kontrolle unmöglich

Seit etwa 18 Monaten läuft das Projekt der GTZ zur Optimierung der Lebensmittelqualität – bislang in einem Landkreis der Provinz Hebei. Üblicherweise beinhaltet das Kontrollsystem eine Risikoabschätzung, die Aufschluss darüber gibt, ob und in welchem Ausmaß Menschen davon betroffen sind, falls ein Unternehmen kontaminierte Produkte verkauft. Hinzu kommt ein Risikomanagement, das aus einem System zur Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln und aus einem Notfallsystem besteht.  „Wenn sich das Projekt bewährt, ist es durchaus möglich, dass daraus generelle Richtlinien für ganz China hergeleitet werden. Die Regierung kann diese umsetzen, damit die Unternehmen ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen," erklärt Bohnstedt. Dennoch wird es wohl auch in naher Zukunft keine hundertprozentige Sicherheit von Lebensmitteln im Reich der Mitte geben. „Da China durch Millionen von Klein- und Kleinstbetrieben geprägt ist, die teilweise eine Fläche von unter 1/16 ha. haben, ist eine absolute Überwachung faktisch unmöglich." Aber dass eine hundertprozentige Lebensmittelsicherheit Utopie ist, hat ja schließlich auch der jüngste Gammelfleischskandal in Deutschland gezeigt.

Lebensmittel bei Olympia 2008: „Nahezu perfekt."

China vermag Unglaubliches zu leisten, zumindest bei den Olympischen Spielen 2008 in Beijing. Auf einem internationalen Expertentreffen zur Optimierung der Lebensmittelqualität während der Spiele äußerte sich ein deutscher Experte voller Begeisterung: Von dem, was die Chinesen für Olympia 2008 realisiert hätten, könne man in anderen Ländern nur träumen. Es handle sich um eine lückenlose Überwachung, die faktisch ein Nullrisiko anstrebe. Die Fabriken, die Nahrungsmittel nicht nur für die Athleten, sondern auch für die Besucher herstellten, seien handverlesen und würden online überwacht. Über jeder Abfülllinie seien Kameras installiert. Alle Distributionsfahrzeuge verfügten über ein Positionierungssystem, so der Experte. Man wüsste zu jeder Zeit, wo sich jedes Fahrzeug gerade befinde. Alle Fahrzeuge würden online auf Temperatur und Feuchtigkeit überwacht. Es gebe eine Datenbank, die alle Daten zusammenführe und komplexe statistische Auswertungen erlaube. Es sei nahezu perfekt. Das System sei zwar nicht für einen landesweiten Einsatz geeignet, da man sich bei der Auswahl der Produktionsstätten auf Groß- und Staatsbetriebe beschränkt habe. Aber es sei allemal einfacher, ein perfektes System abzuspecken, als ein neues System zu installieren, so der deutsche Experte.

Positive Aussichten

Letztlich zeigt der erzielte Qualitätsstandard bei der Überwachung der Lebensmittel für die Olympischen Spiele aber vor allem eins: was China leisten kann, wenn ein Motivationsschub gegeben ist. Auch Bengt Bohnstedt blickt optimistisch in die Zukunft. Auf die Frage, ob China denn irgendwann einmal die Qualitätsstandard der USA oder Europas erreichen wird, antwortet er: „Da bin ich mir ziemlich sicher. Die Frage ist nicht ob, sondern wann."

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