27-11-2007 Beijing Rundschau
Ein Gespräch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: 20 Jahre Partnerschaft Bayern – Shandong
von Matthias Mersch

 

Beijing Rundschau: Haben sich die ursprünglichen Erwartungen erfüllt? Wo liegen heute die Schwerpunkte der Kooperation?

Dr. Christian Geltinger: China ist mittlerweile der wichtigste Handelspartner Bayerns in Asien. Wir haben Shandong immer als das Eingangstor zum chinesischen Markt betrachtet. Unsere Erwartungen wurden also nicht nur erfüllt, sondern sogar noch übertroffen. Die Wirtschaft spielt auch heute noch die Hauptrolle. Aber die Kontakte sind keinesfalls auf diesen Bereich beschränkt. Die Hanns-Seidel-Stiftung ist seit vielen Jahren auf dem Feld der Berufsbildung und in der Entwicklung ländlicher Räume aktiv. Weitere bayerische Projekte haben mit der Fortbildung von Unternehmern und Beamten aus den Bereichen Vermessungswesen, Justiz, Verwaltung und Verkehr zu tun.

An der hiesigen Universität wurde mit Unterstützung aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen der Studiengang Interkulturelle Germanistik eingerichtet. Die zehn besten Absolventen eines Jahrgangs bekommen ein Stipendium und dürfen zu einem Auslandsaufenthalt an die Universitäten Bayreuth, Konstanz und Paderborn, beziehungsweise an das Sprachen- und Dolmetscherinstitut in München. Und es gibt mittlerweile sogar einen Schüleraustausch: bayerische Schüler lernen Chinesisch in Qingdao.

Ende Oktober hat Dr. Thomas Goppel, der bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, in Qingdao das Chinesisch-Deutsche Hochschulzentrum eröffnet. Das Zentrum wird die zentrale Serviceeinrichtung zur Förderung der Kooperation zwischen den Hochschul- und Forschungseinrichtungen Bayerns und Shandongs. Schon heute bestehen 83 Hochschulpartnerschaften zwischen Bayern und China. Mit knapp 2 800 Studierenden stellt China die stärkste Gruppe ausländischer Studierender in Bayern.

Man wird sich in Qingdao zunehmend der Bedeutung der Bewahrung des architektonischen Erbes bewusst. Die Altstadt aus der Zeit des deutschen Pachtgebiets zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist noch weitgehend erhalten, aber dringend sanierungsbedürftig. Hier gibt es eine Kooperation mit Regensburg, einer Stadt, die über eine lange Erfahrung in Fragen der Altstadtsanierung verfügt. 2008 werden Regensburg und Qingdao voraussichtlich eine offizielle Städtepartnerschaft eingehen.

 

Dr. Geltinger und sein Team

Beijing Rundschau: Das Schwergewicht der wirtschaftlichen Zusammenarbeit scheint auf der Ansiedlung mittelständischer Unternehmen aus Deutschland in Shandong zu liegen. Welche Branchen sind hier vor allem angezogen worden?

Dr. Christian Geltinger: Aus Shandonger Sicht besteht natürlich das größte Interesse an Direktinvestitionen. In Shandong sind derzeit etwa 130 deutsche Unternehmen ansässig. Darunter befinden sich große Konzerne wie Siemens, Degussa, weltmarktführende Mittelständler wie Stihl oder Gerb und eine ganze Reihe von mittelständischen Firmen, die etwa Spezialitäten aus dem Bereich Solar- und Haustechnik anbieten und hier Produktionsstätten unterhalten.

Degussa hat in Shandong drei Joint Ventures. In Qingdao wird „Carbon Black" hergestellt, ein wichtiger Rohstoff für die Gummiindustrie, der unter anderem Autoreifen verstärkt und ihnen die schwarze Farbe verleiht, aber auch in vielen Gummi- und Kunststoffteilen eines Kraftfahrzeugs und sogar in schwarzen Lacken enthalten ist. Degussa produziert hier für den Binnen- und den Weltmarkt.

Erst am 4. November ist in Zibo das neue Werk der Refratechnik Holding eingeweiht worden. Der Konzern ist seit 1997 mit der Refratechnik Casting in Ismaning bei München ansässig und hat nun in Shandong mit 100 000 Quadratmetern seine größte Produktionsstätte in der Welt. Es wird dort feuerfestes Alumina-Material hergestellt. Die Firma ist Weltmarktführer bei feuerfestem Zement.

Bei dem neuen Werk von Stihl, das 2006 in der Qingdao Export Processing Zone in der Nähe des Flughafens eröffnet wurde, ist die Sache ganz anders gelagert: dort werden Motorsensen, später auch Heckenscheren und Motorsägen ausschließlich für den Export produziert. Der Standort ist steuerbegünstigt und wird zunehmend auch für kleinere Firmen interessant. Im Industriegebiet sind jetzt auch kleinere Parzellen ausgewiesen und mit Werkhallen und Gebäuden versehen worden. Die Nachbarschaft zum Flughafen ist hier ein großes Plus. Es ist auch nicht zu vergessen, dass Qingdao über einen Chemiehafen und ein Containerterminal verfügt. Großindustrie und Mittelstand sind hier also gleichermaßen willkommen.

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