13-11-2007 Beijing Rundschau
"China ist ein Wunschposten für mich..."
Von Matthias Mersch und Xu Bei

 

 

Beijing Rundschau: Es fällt auf, dass sich die Staaten der Europäischen Gemeinschaft in China als Einzelgänger präsentieren, nicht als Team Player. Und als solche werden sie in der Öffentlichkeit auch wahrgenommen. Warum ist das so?

 

Dr. Michael Schaefer: Das ist eine gute Frage. Ich bin zutiefst Europäer. Die Zukunft unserer Länder liegt in der Gemeinsamkeit Europas. Das gilt insbesondere auch für die enormen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Europa ist nur als Staatengruppe in der Lage, einen wichtigen Beitrag zur Lösung solcher Probleme zu leisten. Jedes einzelne Land, auch Deutschland, auch Frankreich, auch England ist im Prinzip nicht imstande, solche Probleme allein zu lösen. Deshalb ist Europa als Staatengruppe die Zukunft für uns. Ich bin überzeugt, dass die politische Zukunft in einer strategischen Beziehung zwischen Europa und China liegen wird. Im November findet ein sehr wichtiger Gipfel zwischen China und der Europäischen Union statt. Im Umfeld dieses Gipfels wird auch das Thema Europa sicherlich mehr Schlagzeilen in China bekommen. Aber Europa ist nicht nur als Staatengruppe eine immer wichtiger werdende Realität. Europa gründet auch auf der Vielfalt seiner Mitgliedsstaaten. Wir sind sehr stolz auf diese Vielfalt, auf die unterschiedlichen Kulturen, auf die unterschiedlichen Sprachen, auf die Traditionen, die wir entwickelt haben und ich glaube, wir würden verlieren, wenn wir diese Traditionen nicht aufrechterhalten und nicht auch nach außen projizieren würden. Das ist übrigens wie in Deutschland auch: wir haben viele Bundesländer, die sehr unterschiedliche Kulturen haben. Bayern im Süden ist ganz anders als Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern im Norden. Nordrhein-Westfalen im Westen ist ganz anders als Thüringen im Osten. Diese Vielfalt in einem Land, aber auch in einer sich entwickelnden europäischen Landschaft präsentiert einen Reichtum, den wir auch hier in China und in anderen Ländern mitteilen wollen. Das ist ja nicht so ganz verschieden von China mit seinen vielen faszinierenden Regionen und Kulturen, die sich nach außen auch selbständig präsentieren. Für mich ist es schön, Deutschland und Europa zu präsentieren und ich glaube, das ist es auch, was wir in den nächsten Jahren sehr bewusst in China tun werden.

 

Beijing Rundschau: Was sehen Sie persönlich als den Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit in China?

 

Dr. Michael Schaefer: Drei Tage nach meinem ersten Besuch in Nanjing durfte ich Deutschland als Gastland auf der Buchmesse in Beijing vorstellen. Diese Veranstaltung hat deutlich gemacht, wie groß das Interesse auch junger Intellektueller aneinander ist, und ich freue mich schon jetzt darauf, China als Gastland bei der Frankfurter Buchmesse 2009 begrüßen zu dürfen. Vor einer Woche habe ich eine große Technologieausstellung in Shanghai eröff-nen können. Heute dieses Ereignis in Nanjing. All das zeigt, wie groß die Bandbreite, die Vielfalt der Themen und Herausforderungen sind, denen ich mich als Botschafter gerne stelle, denn darin liegt mein Beitrag zum Ausbau der Beziehungen, die schon seit 1972 auf einem soliden Fundament stehen.

Wenn ich einen Bereich herausgreifen darf, der mir besonders wichtig ist in den nächsten Jahren, so ist dies der Versuch, immer mehr junge Leute aus beiden Ländern zusammenzuführen. Das gegenseitige Kennenlernen, der Umgang mit einer anderen Kultur und Lebensart soll dazu führen, dass es zu einem Ideenaustausch zwischen der Jugend unserer Länder kommt. Die daraus entstehenden Lösungsansätze und persönlichen Beziehungen werden beiden Gesellschaften weiterhelfen, sie werden auch der globalen Gesellschaft weiterhelfen. Das ist ein Bereich in dem noch sehr viel mehr getan werden kann, getan werden muss und getan werden wird.

 

Beijing Rundschau: Sie sind seit sechs Wochen hier, schmeckt Ihnen das chinesische Essen?

 

Dr. Michael Schaefer: Ich liebe das chinesische Essen! Ich habe immer schon in Deutschland chinesisch gegessen, aber erst in China gemerkt, dass in Deutschland kein chinesi-sches Essen angeboten wird. Denn es gibt kein chinesisches Essen, es gibt eine Pekinger Küche, es gibt eine Küche von Sichuan, es gibt eine Küche von Guangzhou, es gibt viele verschiedene Regionalküchen. Das ist faszinierend, deshalb gehen wir sehr oft auf den Markt und in Restaurants, und genießen auch privat das chinesische Essen und Ambiente.

 

Beijing Rundschau: Wie würden Sie Ihre Erfahrungen als weitgereister Botschafter in der Welt zusammenfassen und wie sehen Sie sich selbst?

 

Dr. Michael Schaefer: Ich fand es immer wieder faszinierend, welche Vorurteile wir über andere haben. Wenn man durch die Welt reist, dann stellt man fest: das, was als erstes zusammenbricht, sind Vorurteile. Es gibt natürlich Leute in Deutschland, die sind fleißig, gewissenhaft und zurückhaltend, wie man es immer von uns behauptet. Aber es gibt natürlich auch Menschen, die ganz lebhaft sind. Wie Sie in China haben auch wir in Deutschland unter-schiedliche Regionen. Die Leute aus dem Norden, zum Beispiel aus Hamburg, sind alle etwas zurückhaltender und Menschen aus dem Süden, die etwa wie ich aus München kom-men, die sind etwas lebhafter (lacht). Aber wir ergänzen uns eigentlich ganz gut!

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