29-04-2010 Beijing Rundschau
Wohneigentum in China - eine Momentaufnahme

Die jüngsten Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Eindämmung der explodierenden Immobilienpreise und die Gerüchte über eine anstehende Erhöhung der Grundsteuer haben Bewegung in den chinesischen Immobilienmarkt gebracht. Nach wie vor gilt Grundbesitz für viele Chinesen als attraktive Investition. Welche Pläne eine Expertin für Öffentlichkeitsarbeit in Beijing, eine Lehrerin in Hangzhou und ein Unternehmer in Qingdao auf dem Immobilienmarkt haben, lesen sie im Folgenden.

 Beijing

 Joanna Duan, 35 Jahre alt, in Peking freiberuflich im Kommunikationsbereich tätig, hat nicht vor, ihre Ein-Zimmer-Wohnung zu verkaufen, darin leben will sie aber auch nicht. „Sie ist klein, aber es ist mein Eigentum. Die Immobilienpreise sind heutzutage so instabil, dass ich mich mit meiner Eigentumswohnung sicherer fühle.“ Für das 60 Quadratmeter große Apartment nahe der zweiten Ringstrasse im Süden der Stadt hat Duan im Jahr 2005 weniger als 8 000 Yuan pro Quadratmeter gezahlt. Bis heute hat sich der Quadratmeterpreis mit 28 000 Yuan mehr als verdreifacht.

 Als die Wertsteigerung begann, zog die Freiberuflerin kurz einen Verkauf in Erwägung. Die raketenartig ansteigenden Immobilienpreise in Peking hielten sie letztendlich davon ab. „Für mich ist es nahezu unmöglich eine größere Wohnung zu kaufen. Auch wenn ich mein jetziges Apartment verkaufen würde und das Geld aus dem Verkauf zum Erwerb einer größeren Wohnung verwenden wollte, könnte ich mir höchstens eine Wohnung außerhalb des sechsten Rings leisten. So weit draußen möchte ich aber nicht wohnen.

 Mittlerweile lebt Joanna Duan in einem 3-Zimmer-Apartment östlich der dritten Ringstrasse. Um einen Teil ihrer Miete von 6 000 Yuan aufbringen zu können, vermietet sie ihre Eigentumswohnung für gut 4 000 bis 4 500 Yuan im Monat. Sie sieht bislang noch keine Notwendigkeit, die Wohnung zu verkaufen. „Ich denke nicht, dass in Beijing die Wohnungspreise sinken werden. Selbst wenn die Preise auf 10 000 Yuan pro Quadratmeter runter gehen sollten, mache ich im Falle eines Verkaufs immer noch einen Gewinn.“ Ob das Preisniveau auf dem Immobilienmarkt allerdings so hoch bleiben wird,  ist noch nicht abzusehen. Die kürzlich verabschiedeten Regierungsmaßnahmen haben ihre Wirkung bislang jedenfalls noch nicht entfaltet.

 Hangzhou

 Zusammen mit ihrem Ehemann und dem zweijährigen Sohn lebt die 31 Jahre alte Pan Ting in einer Eigentumswohnung in Hangzhou. Der Familie gehören insgesamt drei Apartments – zwei sind vermietet, im kleinsten leben sie selber. Eigentlich wollten sie ihre jetzige Wohnung verkaufen und in eine größere Wohnung umziehen, die in der Nähe einer guten Schule liegt. Nach der Bekanntgabe der Regierungsmaßnahmen, zogen die Hypothekensätze für Zweitwohnungen und die Steuern für Barzahlungen allerdings so stark an, dass die Familie von ihren Plänen Abstand nahm.

 Pan Ting ist Universitätsdozentin und verfügt über ein Jahreseinkommen von rund 80 000 Yuan. Das Gesamteinkommen der dreiköpfigen Familie beläuft sich auf 150 000 Yuan. Jedoch reicht es für den Kauf einer weiteren Wohnung nicht aus. So sagt die Dozentin, dass die neue Politik auf dem Immobilienmarkt den Kauf einer weiteren Wohnung unmöglich mache: „Ich denke, dass die neue Politik Preisspekulationen im Wohnungsmarkt unterbinden wird. Die Preise werden weiterhin kontinuierlich steigen, aber zukünftig nicht mehr so wahnsinnig schnell.“

 Bevor Pan 2003 ihren späteren Ehemann traf, kauften ihre Eltern eine 120 Quadratmeter große Wohnung in Hangzhou für sie. Auch die Eltern von Pans Ehemann kauften ihren Sohn 2004 eine Apartment ähnlicher Größe. Für beide Wohnungen betrug der Quadratmeterpreis zu dem Zeitpunkt etwa 7 000 Yuan. Nach ihrer Hochzeit 2006 kaufte das frisch vermählte Ehepaar ein weiteres Heim. Bei einer Fläche von etwa 60 Quadratmetern, betrug der Quadratmeterpreis ungefähr 12 500 Yuan. In dieser Wohnung lebt die kleine Familie bis heute. Die Mieteinnahmen aus den beiden größeren Wohnungen betragen etwa 7 000 Yuan. Sie decken gerade einmal die Kosten für die Kredite mit denen die Wohnungen belastet sind. 

 Bevor die neue Wohnungsmarktpolitik einsetzte, versuchte Pan das kleine Apartment für einen Quadratmeterpreis von 30 000 Yuan zu verkaufen, um mit einem Kredit ein größeres in der Nähe einer guten Schule zu erstehen. Mit einer von der Bank angebotenen Hypothek, die   30 Prozent der Kaufsumme abdecken sollte, dachte sie die neue Wohnung finanzieren zu können. Aber da die Regierung die Steuern für den Kauf von Zweitwohnungen erhöhte, wurde dieses Vorhaben unerschwinglich. „Nachdem die Beschlüsse veröffentlicht worden waren gab ich meine Idee komplett auf”, so die 31 Jahre alte Pan Ting.

 Yantai

 Der 30-jährige Jin Longyun plant seinen ersten Wohnungskauf für die kommenden Monate.

Zunächst aber möchte er noch die Auswirkungen der Regierungsmaßnamen abwarten. „Ich werde den Immobilienmarkt eine Weile beobachten, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln“, so Longyun.

 Der Ladenbesitzer lebt und arbeitet in Qingdao, einer Küstenstadt in der Provinz Shandong. Er überlegt sich jedoch mit seinem Geschäft nach Yantai zu ziehen, wo die Grundstücke noch günstiger zu haben sind: „In der Entwicklungszone von Yantai kann ich für etwa eine Millionen Yuan ein 200 Quadratmeter Apartment mit Meeresblick erwerben. Es ist unmöglich, eine Wohnung dieser Größenordnung zu diesem Preis in Qingdao zu finden.“ Longyun plant eine Anzahlung von 40 Prozent, die restlichen 60 Prozent will er durch eine Hypothek aufbringen. „Nachdem ich das Apartment erstanden habe“, scherzt er, „werde ich wahrscheinlich den Rest meines Lebens in Yantai verbringen.“

 
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