10-07-2009 Beijing Rundschau
Ein Tag an der Migrantenschule
von Caroline Rosales Gonzalez

Da die meisten Wanderarbeiter (derzeit schätzungsweise 200 Millionen in China) nicht offiziell in Peking registriert sind, bleibt ihren Kindern der Besuch einer staatlichen Schule untersagt. Grund ist das Hukou-System. Wer sich länger als drei Monate außerhalb des ihm zugewiesenen Wohnsitzes aufhält, muss eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Voraussetzungen dafür ist allerdings ein Arbeitsvertrag, der Wanderarbeitern in der Regel von ihren Auftraggebern verwehrt bleibt. So greifen die Eltern wie an der privat finanzierten „Hong Yan Shi Yan"-Schule zur Selbsthilfe. Der Versuch ihren Kindern wenigstens einen grundlegenen Grad an Bildung zu ermöglichen, ist allerdings oft mit großen finanziellen Schwierigkeiten verbunden. Von Aushilfslehrerin Qian Zhang erfahren wir, dass die technische Schulausstattung für 360 Schüler aus 20 schrottreifen Computern besteht. Die zwei maroden Schulbusse müssten aus Sicherheitsgründen längst aus dem Verkehr gezogen werden, doch es gibt kein Geld für neue. Auch mangelt es ständig an qualifizierten Lehrkräften. Von den elf Angestellten haben nur drei ein Diplom. Den Unterrricht in den Nebenfächern Kunst, Sport und Englisch erteilen chinesische Studenten ehrenamtlich an den Wochenenden. Ehrenamtlich müssen an der „Hong Yan Shi Yan"-Schule übrigens derzeit alle Lehrkräfte arbeiten. Seit Monaten bleiben die Gehälter aus. Die Eltern können die Schulgelder nicht zahlen. Insgesamt stehen mehr als 50 000 Yuan offen. Die Zukunft der Schule steht auf wackeligen Beinen.

Probleme, von den die Kinder glücklicherweise nichts mitbekommen. Stolz brüllen sie uns ihre auswendig gelernten Sätze auf Englisch entgegen, kennen nach wenigen Monaten Sprachunterricht schon die Namen aller Früchte und Gemüse. Als Belohnung gibt es rosa Sahnetorte - natürlich auf die Hand. Teller und Löffel sind wie alle anderen Gebrauchsgegenstände Mangelware. Schnell kann sich der sechsjährige Wu als Klassenbester beweisen. „I wanna be a doctor!“, kann der Kleine in akzentfreiem Englisch aufsagen. Ein Klassenkamerad will dagegen Astronaut werden, Lin lieber Designerin. Man will ihnen diese kleinen Wunder von Herzen wünschen.

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