31-12-2008 Beijing Rundschau
Akademische Jugend ohne Perspektive
von Xu Bei

Die „Zehn-Yuan"-Unterkunft

 
Jobmesse in Harbin am 6. Dezember 2008

Bevor Hu Liangkui nach Foshan kam, wohnte er in einer „Zehn-Yuan"- Herberge in Shenzhen in der Nähe einer Jobbörse. In Shenzhen läuft das Geschäft für Unterkünfte in der Nähe von Jobbörsen immer sehr gut. Hu wohnte mit dreizehn anderen Arbeitssuchenden in einem Zimmer von neun Quadratmetern. In der ganzen Herberge hausten Hunderte von Akademikern, die in Shenzhen auf Jobsuche waren. „Die Unterkunft kostet nur zehn Yuan (1,03 Euro) pro Tag. Außerdem liegt sie in der Nähe der Jobbörse. Deswegen kann man in der Gegend überall Uniabsolventen auf Arbeitssuche sehen", erzählt Hu. Den Grund dafür, dass alle Werbeagenturen den Absolventen kein festes Gehalt, sondern lediglich Provisionen anbieten, sieht er im Überangebot an qualifizierten Arbeitskräften. „Die Firmen brauchen sich keine Gedanken darüber zu machen, genügend Jobbewerber zu finden", sagt Hu.

Als Hu eines Tages die Geschichte einer Uniabsolventin mitbekommen hatte, entschloss er sich, nach Foshan zurückzukehren. In einem Imbiss aß er gerade zu Mittag als er sah, dass ein Mädchen am Nachbartisch nur die kostenlose Suppe trank. Von Bekannten hat er dann erfahren, dass das Mädchen studiert hatte und sich nun auf Jobsuche befand. Es hatte kein Geld für regelmäßige Mahlzeiten. Einmal lud er sie zum Essen ein. Als das Mädchen das Menü sah, aß sie schnell auf und fing an zu weinen.

Sie stammte aus Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Ihre Eltern hatten für sie einen Job als Lehrerin in Chengdu gefunden. Damit war sie jedoch nicht zufrieden. Sie kündigte bei der Schule und kam nach Shenzhen, um dort ihren Traumjob zu suchen. Leider war die Suche erfolglos, und obendrein wurden ihr noch Handy und Portemonnaie gestohlen. Hu redete ihr zu, nach Hause zu gehen. „Wenn du schon den Mut aufgebracht hast, einen Schritt nach vorne zu tun, warum fehlt dir dann der Mut, einen Schritt zurück zu machen?", fragte er sie. Aber die junge Frau schüttelte nur den Kopf.

„Diese Geschichte hat mich erschüttert. Ich finde, dass sehr viele Absolventen blindlings in die Metropolen gehen", sagt Hu. Er selbst kehrte in seine Heimatstadt zurück und fand den Job als Portier in einer Schuhfabrik. „Ich möchte hier eine zeitlang arbeiten und dabei ernsthaft über meine Zukunft nachdenken", sagt er ganz ruhig und offen.

Die zahllosen Hochschulabgänger auf Jobsuche in den Zehn-Yuan-Herbergen der großen Städte sind nicht so gefasst wie Hu.

Zhao Feng, aus Shangqiu, einer kleinen Stadt in der zentralchinesischen Provinz Henan, hat im Juli dieses Jahres eine Hochschule in Xi'an absolviert. Zwei Monate lang hat er ohne Gehalt in einer Firma allein auf Provisionsbasis gearbeitet. Bislang hat er noch keinen einzigen Kundenauftrag akquirieren können. „In Shenzhen langt mein Geld nur noch für einen Monat", sagt er traurig. Zhao erzählt, dass sein vierjähriges Studium von seinem Vater selbst finanziert worden ist. „Mein Papa ist ein Bauer. Durch Getreideanbau allein konnte er nicht mein Studium finanzieren. Außerdem habe ich 10 000 Yuan (1035 Euro) als Ausbildungsdarlehen beantragt", sagt Zhao. „Wenn ich keinen Job finden kann, wie kann ich dann das Darlehen zurückzahlen? Wie kann ich mich ohne Furcht vor Demütigung in meiner Heimat blicken lassen?"

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