31-12-2008 Quelle: Xinhua
China und EU: Bilanz und Ausblick
 

Das Jahr 2008 nährt sich dem Ende. Es ist wieder an der Zeit, die Bilanz eines ereignisreichen Jahres zu ziehen. Zum Jahreswechsel haben Journalisten der Nachrichtenagentur Xinhua den Chef des Forschungsinstituts für Internationale Beziehungen, Feng Zhongping, zum Verhältnis zwischen China und der EU interviewt.

Xinhua: China räumt den chinesisch-europäischen Beziehungen einen großen Stellenwert ein. Im Oktober hat Staatspräsident Hu Jintao im Gespräch mit dem Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, den Willen Chinas bekräftigt, enger mit der EU zusammenzuarbeiten, um der Finanzkrise entgegenzuwirken und die Finanzmärkte der Welt stabil zu halten. Was können Ihrer Meinung nach China und die EU gemeinsam gegen die Finanzkrise unternehmen?

Feng Zhongping: Vielen mag es so erscheinen, als ob die Spannungen zwischen China und der EU in diesem Jahr plötzlich zugenommen hätten. Aber wenn man die Situation in einer Gesamtschau überblickt, lässt sich feststellen, dass sich die bilateralen Beziehungen in den letzten Jahren umfassend entwickelt haben. China spielt eine immer wichtigere Rolle in der Welt und die EU sucht auf vielen Gebieten die Unterstützung Chinas. Gleichzeitig will die EU ihr Erscheinungsbild verändern und auf der politischen Weltbühne eine aktivere Rolle übernehmen. Deswegen haben sich die Kooperationsbereiche zwischen China und der EU von der Wirtschaft und dem Handel auf Bereiche ausgeweitet, die enger globalen Zusammenarbeit bedürfen.

Diese neue Tendenz zur Kooperation zeigt sich deutlich bei der Zusammenarbeit gegen die Herausforderungen der Finanzkrise. Sowohl China als auch die EU stehen vor der Frage, wie sich das Wirtschaftswachstum erhalten lässt. Im Vergleich mit China leidet die EU offensichtlich mehr unter den Folgen der Kreditkrise. Die EU hat eine Reihe von Rettungsmaßnahmen getroffen, um die Wirtschaft zu stimulieren. Die chinesische Regierung hat dasselbe getan. Vor dem Hintergrund der Krise ist eine Zunahme des Protektionismus zu befürchten. Anfang Dezember hat die EU Anti-Dumping-Maßnahmen gegen chinesische Produkte verhängt, darin sehe ich ein Zeichen für den wachsenden Protektionismus Europas. Protektionismus aber ist der gemeinsame Feind von China und EU. Man sollte alles unternehmen, um Handelskonflikte zu vermeiden.

China und die EU sollten die Reform des gegenwärtigen Finanzsystems fördern. Die Finanzkrise bietet dafür eine gute Chance. Angesichts der raschen Entwicklung der Weltwirtschaft nach dem Ende des Kalten Krieges ist das alte Weltfinanzsystem der Lage nicht länger gewachsen. Die Krise macht deutlich, dass die G8 sich ihrem Ende nähert und schließlich durch die G20 ersetzt werden wird. Die beiden nach dem zweiten Weltkrieg ins Leben gerufenen Geldinstitutionen, der Weltwährungsfonds und die Weltbank, sind seit ihrer Gründung ununterbrochen von Europa und den USA geführt worden. Die Praxis zeigt aber, dass die beiden Kontinente nicht in der Lage sind, die Welt aus eigener Kraft aus der Krise zu lenken, ebenso wenig die G8.

In der Frage der Reform des Finanzsystems ist die EU offener als die USA, welche ihre errungenen Privilegien nicht aufgeben wollen. Die Europäer haben bereits bemerkt, dass die USA einen zu großen Einfluss besitzen. Die EU will die Schwellenländer ins Weltfinanzsystem mit einbeziehen. Auf diesem Gebiet verfolgen China und die EU gemeinsame Interessen. Beide Seiten sollten bei der Reform des Weltfinanzsystems enger zusammenarbeiten.

In welchen Bereichen kann man noch kooperieren, abgesehen von der Bekämpfung der Finanzkrise?

Bei der Bewältigung lokaler und globaler Krisenherde könnten China und die EU noch enger zusammenarbeiten. Beide Seite wünschen eine stabile Weltlage. Auch in Fragen, die gemeinsame Wirtschaftsinteressen betreffen, wie Energie und Umwelt, sollten China und die EU noch enger kooperieren. Bei der Nutzung erneuerbarer Energien und der Anwendung umweltfreundlicher Technologien ist die EU führend in der Welt, während es in China einen großen Bedarf nach diesen Anwendungen gibt. Bei der Begegnung der Folgen der Klimaveränderung haben die EU ebenfalls die Führungsrolle inne, nicht die USA. Dies ist ein Beleg dafür, dass der Einfluss der EU wächst. In den genannten Bereichen sehe ich noch ein beträchtliches Potenzial für den Ausbau der Zusammenarbeit zwischen China und EU.

In der globalen Frage der Bekämpfung des Terrorismus sehe ich weitere Möglichkeiten für eine noch engere Zusammenarbeit.

Welche Problemfelder sehen Sie in den Beziehungen zwischen China und der EU, und wie lassen sich diese beseitigen?

Abgesehen von ideologischen Unterschieden bestehen noch Meinungsverschiedenheiten bei Fragen, welche Tibet, die Menschenrechte und Demokratie betreffen. Auch die Differenzen in Wirtschafts- und Handelsfragen dürfen nicht übersehen werden. Die EU sind an die Stelle der USA und Japans als größter Importeur chinesischer Waren getreten. Oft klagen europäische Medien über das große Defizit der EU im Handel mit China. Die tatsächliche Lage ist meines Erachtens aber gar nicht so dramatisch wie manche Presseberichte behaupten. Man soll die Frage des Handelsdefizits ernst nehmen, aber auch umfassend und objektiv analysieren.

Welche Hauptthemen sehen Sie im Jahr 2009 bei den chinesisch-europäischen Beziehungen?

Im kommenden Jahr soll man das Krisenmanagement verbessern und das Konfliktpotenzial zwischen beiden Seiten eindämmen, damit die Haupttendenz der Kooperation insgesamt nicht aufs Spiel gesetzt wird. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise ist die Zusammenarbeit zwischen China und der EU wichtiger als jemals zuvor in der Geschichte der internationalen Beziehungen. Mehr denn je sind beide Seiten aufeinander angewiesen. Früher hatte sich die Zusammenarbeit vor allem auf Wirtschaftsfragen konzentriert, heute stehen wir vor der Aufgabe, die Beziehungen umfassend auszubauen. Beide Seiten sollten sich darum bemühen, die bilateralen Beziehungen in stabile und konstruktive Bahnen zu lenken.

 
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