10-12-2008 Beijing Rundschau In der Krise ist vor dem Aufschwung von Matthias Mersch
Prognosen unter Vorbehalt Unter den chinesischen Referenten herrschte Einigkeit darüber, dass China von den Auswirkungen der Krise zwar nicht verschont bleiben, aufgrund der stärkeren Regulierung des Bankensektors und des Nachholbedarfs hinsichtlich der Entwicklung seiner Binnenwirtschaft aber weniger stark betroffen sein wird als andere Volkswirtschaften. Der Dienstleistungssektor sei zum Beispiel noch immer deutlich geringer ausgeprägt als in den westlichen Industriestaaten. Die Frage aus dem Publikum, ob sich denn nicht zumindest auf dem chinesischen Immobilienmarkt eine Spekulationsblase gebildet habe, wurde von den Experten einhellig verneint. Uneins war sich das Podium jedoch in der Antwort auf die Frage, wie lange die Krise andauern werde: die Spanne reichte von einem halben Jahr bis zu fünf Jahren. Die Experten lassen uns also die Wahl, mit einem kühlen, geradezu erfrischenden Lüftchen zu rechnen, das die chinesische Wirtschaft von Überhitzung befreien wird, oder aber mit einer Megakrise mit unabsehbaren Folgen. Dass die Prognosen so weit auseinander gehen, überrascht nicht, denn auch innerhalb der EU ist ein heftiger Streit darüber ausgebrochen, welche Richtung einzuschlagen ist: soll man Konjunkturprogramme auflegen und so eine größere Staatsverschuldung in Kauf nehmen, oder ist eine Politik der „ruhigen Hand“ gefragt, die sich zunächst mit moderaten Steuersenkungen und begrenzten Anreizen zum Konsum begnügt? Letztere Position wird von Deutschland und den kleineren EU-Staaten vertreten, während Frankreich und Großbritannien nach drastischeren Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft verlangen. Ein gesamteuropäischer Kurs ist vorerst nicht in Sicht. In den USA wird in Richtung Konjunkturprogramm gearbeitet, einer seiner glühendsten Befürworter ist der diesjährige Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman. Kritiker staatlicher Intervention verweisen allerdings darauf, dass die USA trotz der Milliardenpakete zur Stützung der Wirtschaft vor der Entlassung Hundertausender Arbeitnehmer stehen. Und Paul Krugman sagt seit Jahren eine Rezession der chinesischen Wirtschaft voraus, die bis heute nicht eingetreten ist. Gerhard Hinterhäuser, als CEO des Hongkonger Ablegers der Münchener Rückversicherung schon von Berufswegen ein nüchterner Einschätzer von Risiken und Stratege ihrer Vermeidung, steuerte die optimistischen Schlussworte zur Tagung bei: „Wir hoffen, dass die schwerwiegende Korrekturphase in der sich die Weltwirtschaft gegenwärtig befindet, schließlich zu einem besonneneren Management mit weniger Schulden, einer geringeren Fremdkapitalaufnahme und selteneren Spekulationsblasen führen wird. Am Ende dieses Prozesses sollte ein nachhaltigeres - wenn auch vermutlich langsameres - Wachstum entstehen." Dieser Hoffnung bleibt nur noch eine weitere hinzuzufügen: dass dieser Ruf in der Wüste des globalen Wettbewerbs nicht ungehört verhallen möge.
|
Über Beijing Review | | | Über Beijing Rundschau | | | Rss Feeds | | | Kontakt | | | Aboservice | | | Zu Favoriten hinzufügen |
Adresse: BEIJING RUNDSCHAU Baiwanzhuanglu 24, 100037 Beijing, Volksrepublik China |