20-08-2009 Beijing Rundschau Discountpreise und Monopolgefahr
Auf einem Forum über die Entwicklung des Einzelhandels in China wurde die Strategie des US-Supermarktriesen Wal-Mart diskutiert. Einige Vertreter chinesischer Einzelhandelsketten sind der Ansicht, dass die Amerikaner doch nicht so aggressiv durch Fusion und Aufkauf ihren Marktanteil erweitert haben, wie zunächst befürchtet worden war. Zwar verzeichnet der Umsatz von Wal-Mart auf dem chinesischen Markt einen jährlichen Zuwachs zwischen 25 und 30 Prozent, aber der Marktanteil chinesischer Supermärkte bleibt weiterhin stabil. Es gebe keinen Grund, gegenüber Wal-Mart in Ehrfurcht zu erstarren, scherzte ein Teilnehmer des Forums. Der Ökonom Larry Lang sieht das allerdings anders: sich im Angesicht von Wal-Mart entspannt zurückzulehnen, sei äußerst gefährlich.
Wal-Marts Marktstrategien Gegründet im Jahr 1962 verfügt Wal-Mart heute in 16 Ländern über mehr als 7800 Supermärkte. Rückschläge – wie beim Versuch, in Deutschland Fuß zu fassen – wurden mit einem Lächeln weggesteckt. Als größte Supermarktkette der Welt ist Wal-Mart seit 1996 auch in China vertreten. Wal-Mart hat hierzulande über 146 Geschäfte, 10 Filialen mehr als sein französischer Konkurrent Carrefour. Gleichzeitig ist Wal-Mart der Mehrheitseigner der chinesischen Supermarktkette Turst-Mart. Im Januar hat Wal-Mart siebzehn neue Filialen in chinesischen Mittelstädten eröffnet. Carrefour möchte gleichziehen und plant in diesem Jahr die Eröffnung von 28 weiteren Supermärkten, die meisten von ihnen in Klein- und Mittelstädten. Lary Lang wies darauf hin, dass das Hauptaugenmerk der ausländischen Supermarktriesen heutzutage nicht mehr auf dem normalen Einzelhandel liege, sondern darauf, eine eigene Logistik- und Dienstleistungszentrale aufzubauen, um die Konkurrenzfähigkeit ihrer Preise langfristig zu sichern und die ganze Produktions- und Vertriebskette zu beherrschen. Im Jahr 2008 waren 10 Prozent der Waren in den Regalen eigene Marken, die etwa um 20 bis 40 Prozent billiger angeboten wurden als vergleichbare Waren der Konkurrenz. Der Anteil eigener Marken soll sich im nächsten Jahr verdoppeln. Zeitgleich hat Wal-Mart in der nordöstlichen Provinz Liaoning ein geeignetes Gelände für den biologischen Feldbau angekauft. Das dort produzierte Bio-Obst wird direkt an die Wal-Markt-Filialien geliefert. Zudem hat Wal-Mart einen überaus ambitionierten Plan bekanntgegeben, der eine Wertschöpfungskette vom Anbau bis zum Konsumenten vorsieht, das so genannte „Modell vom Feld zum Markt". Eine Million Bauer sollen bis zum Jahr 2011 in diese Produktionskette einbezogen werden. Sie werden faktisch von Wal-Mart angestellt und arbeiten ausschließlich für den Global Player. Zudem kauft Wal-Mart eifrig Anbaurechte für Ackerland ein - die Reform der chinesischen Landwirtschaft macht dies möglich. Dank seiner soliden Kapitaldecke hat Wal-Mart heute viele Agrarunternehmen aufgekauft, die an den Rändern der Metropolen oder Mittelstädten fruchtbares Ackerland besitzen. Lary Lang meint, das ein Handelsimperium Wal-Mart China bereits erste Gestalt angenommen habe. Sein Hauptmerkmal: eine lückenlose Verwertungskette von der Rohstofferzeugung über Logistik bis zum Vertrieb, die sich durch unglaublich niedrige Kosten auszeichnet. Nicht nur die chinesischen Einzelhändler, sondern auch zahlreiche Herstellungsbetriebe und Logistikunternehmen werden in Zukunft die starken Konkurrenz des Supermarktriesen zu spüren bekommen.
Fliehen die Banker in die Sachwerte? Wal-Mart ist kein Einzelfall. Auch die Investmentbank Goldman Sachs bemüht sich seit Jahren darum, einen ganzen Produktionszweig unter ihre Kontrolle zu bringen. Im Jahr 2008 hat Goldman Sachs 300 Millionen Dollar ausgegeben, um mehr als zehn große Schweinezuchtbetriebe in Hunan und Fujian zu kaufen. Im Jahr 2006 ist Goldman Sachs mit zwei Milliarden Yuan Investment Großaktionär des größten Fleischproduzenten Chinas, Shuanghui, geworden. Zwei Jahre zuvor hatten sich die Investmentbanker schon mit 13 Prozent an Yurun beteiligt, dem größten Konkurrenten Shuanghuis. Lary Lang sieht die Gefahr der Monopolbildung, die in derartigen Übernahmen liegt. Wenn ganze Wirtschaftszweige unter die Kontrolle einiger weniger Konzerne gerieten, sei ein Missbrauch der Marktstellung kaum zu vermeiden. Sie könnten einerseits den Verkaufspreis erhöhen, andererseits die Gewinnmarchen der Lieferanten kräftig drücken, um daraus einen riesigen Monopolgewinn zu ziehen. Um die Interessen der Konsumenten, Lieferanten und Angestellten besser vor Monopolen zu schützen, solle China intensiv daran arbeiten, die rechtlichen Rahmenbedingungen für diesen Bereich zu schaffen und die Spielregeln im Einzelhandel zu definieren.
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