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Wer steckt wirklich hinter Afrikas Schuldenfalle?

Donatien Niyonzima  ·   2022-08-15  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Schuldenfalle;Afrika;China
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Diese von chinesischen Unternehmen renovierte Drehbrücke über den Suezkanal schließt am 5. Juni einen Docking-Test im ägyptischen Ismailia ab. (Foto: Xinhua)  

China ist im 21. Jahrhundert zu einem weltweiten Zugpferd der internationalen Entwicklungsfinanzierung geworden. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hat die Volksrepublik als sechstgrößtes internationales Gläubigerland der Welt eingestuft. In westlichen Ländern wächst vor diesem Hintergrund die Besorgnis über die Entstehung eines vermeintlichen „Neokolonialismus“ als Ergebnis der immer engeren Beziehungen zwischen China und Afrika. Chinas Kreditvergabepraktiken an die Entwicklungsländer wurden in den letzten Jahren immer wieder als „Schuldenfallen-Diplomatie“ kritisiert. Eine sachliche Analyse der Kreditvergabe Chinas im Vergleich zu anderen Gläubigerländern zeichnet jedoch ein völlig anderes Bild. 

Professor Justin Yifu Lin, ehemaliger Chefökonom und leitender Vizepräsident der Weltbank, sagt, man spreche nur dann von einer Schuldenfalle, wenn Länder nicht mehr in der Lage seien, wirtschaftlich zu wachsen, durch Exporte Einnahmen zu generieren und auf diese Weise ihre Schulden zu begleichen. 

Wer steckt wirklich hinter Afrikas Schuldenkrise?  

Das Narrativ der chinesischen „Schuldenfallen-Diplomatie“ entstand zu einer Zeit, als die USA sich zunehmend sorgten angesichts von Chinas Aufstieg auf der Weltbühne. Vor diesem Hintergrund hatte die Theorie der Schuldenfalle unter Journalisten, Gelehrten und Politikern Hochkonjunktur. Die US-Regierung nutzt das Narrativ als Teil einer diplomatischen Offensive, um Chinas Beziehungen zu den Entwicklungsländern zu schwächen.  

Tatsächlich beruhten die meisten Diskussionen über Chinas „Schuldenfalle“ jedoch eher auf Fiktion als auf der Realität, so Lin. Der Ökonom räumt zwar ein, dass einige afrikanische Länder tatsächlich Schuldenprobleme hätten, doch eine klare Übersicht über die am höchsten verschuldeten Länder zeige, dass diese Staaten die meisten ihrer Schulden bei westlichen Gläubigerländern aufgenommen hätten. „Selbst im Falle des am stärksten verschuldeten Landes machten die chinesischen Schulden nur etwa 20 Prozent der gesamten ausstehenden Schulden aus. Wenn davon ausgegangen wird, dass diese Ländern in einer Schuldenfalle stecken, dann wurden sie von anderen Gläubigerländern in die Falle gelockt, nicht von China“, betont der Wirtschaftsexperte. 

Dies untermauert auch ein Bericht von Debt Justice vom 11. Juli. Er enthüllte, dass der Schuldenberg afrikanischer Regierungen gegenüber westlichen Banken, Vermögensverwaltern und Ölhändlern dreimal so hoch ist wie gegenüber China. Zudem würden den betroffenen Ländern von westlichen Regierungen doppelt so viele Zinsen berechnet. Der Bericht zeigt, dass nur bei zwölf Prozent der afrikanischen Schulden der Gläubiger China heißt, zumal der Zinssatz für die Ausstände lediglich bei 2,7 Prozent liegt. Im Gegensatz zu den chinesischen Kreditgebern werden westlichen Gläubigern 35 Prozent der afrikanischen Auslandsschulden zugerechnet, und das mit einem Höchstzinssatz von fünf Prozent, fast dem Doppelten des von China verlangten Zinssatzes also. 

Räuberische Praktiken westlicher Länder  

Laut Weltbank belaufen sich die Auslandsschulden afrikanischer Staaten gegenüber privaten Gläubigern (chinesische nicht eingeschlossen) auf 247 Milliarden US-Dollar. Davon entfallen 42,9 Milliarden Dollar auf die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), eine internationale Organisation von 38 Ländern. Der verbleibende Schuldenbetrag (etwa 204 Milliarden US-Dollar) sind externe Anleihen, von denen 99 Prozent britischem und US-amerikanischem Recht unterliegen. Dies schafft Schwierigkeiten, sobald einige hoch verschuldete Länder versuchen, einen Schuldenerlass zu beantragen, da die Anwälte dieser Organisationen schließlich ihre Anträge zurückziehen. Bemerkenswert ist, dass 95 Prozent der externen Anleihen im Besitz von Privatunternehmen aus den USA, Großbritannien, der EU oder der Schweiz sind. 

Zusätzlich zu der Tatsache, dass die oben genannten unflexiblen Gläubiger den höchsten Schuldenberg von den afrikanischen Ländern zurückfordern, haben sie die Initiative zur Aussetzung des Schuldendienstes (Debt Service Suspension Initiative – DSSI) nicht umgesetzt. Der DSSI sollte eigentlich dazu beitragen, die durch die Coronapandemie verursachten Schulden und wirtschaftlichen Schwierigkeiten abzufedern. China hingegen gab im Februar 2021 an, dass seine offiziellen bilateralen Gläubiger 16 afrikanischen Ländern G20-DSSI-Erleichterungen gewährt hätten. 

Da fast alle internationalen Schuldverträge US-Recht und die meisten Anleiheverträge britischem Recht unterliegen, besteht ein starker Bedarf für westliche Regierungen, Gesetze zu erlassen, die private Kreditgeber ermutigen, sich an der Umschuldung zu beteiligen. Führende Politiker der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds haben Großbritannien und die USA aufgefordert, private Kreditgeber zu regulieren, um die Praxis der Umschuldung von Ländern in Schuldennot fortzusetzen. 

Konsum- versus Produktionsschulden  

Ökonom Lin hebt mit Blick auf Afrikas Verschuldung gegenüber China noch einige weitere wichtige Punkte hervor. So ist er der Meinung, dass afrikanische Länder ihre Verschuldung generell nicht als allzu besorgniserregend begreifen sollten. Vielmehr gelte es, zu verstehen, dass die Rentabilität der Schulden davon abhänge, ob diese das Wirtschaftswachstum stimulieren und die Exporterlöse steigern oder nicht. „Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen chinesischen Krediten und den Krediten anderer Länder“, sagt Lin. „Die meisten Kredite aus China werden verwendet, um Investitionen zu unterstützen, die das Wachstum fördern bzw. Wachstumsgrundlagen schaffen sollen, während die Kredite aus anderen Ländern im Allgemeinen zur Unterstützung der Staatsausgaben verwendet werden. Diese Geberländer mögen sicherlich gute Absichten haben, aber sie unterstützen letztlich eher den Konsum als die Produktion“, so Lins Fazit. 

Es sind jedoch gerade die westlichen Staaten, deren Schulden den Konsum stützen, die unaufhörlich das Narrativ der Schuldenfalle bemühen, um China aus geopolitischen Erwägungen zum Sündenbock zu machen. Besagtes Narrativ dient nicht dem Wohl der afrikanischen Bevölkerung, sondern letzten Endes nur westlichen Eigeninteressen. Aufgrund ihrer Kontrolle über die globalen Medien ist es für diese Länder jedoch einfacher, Propaganda einzusetzen und die Agenda für ihr Publikum festzulegen. 

Eric Olander, Chefredakteur des China-Africa Project, befürwortet die Idee, sich auf die Daten zu konzentrieren, anstatt Narrativen und Schreckensgeschichten Anerkennung zu zollen, die die Fantasien nähren, einige afrikanische Länder drohten, seitens der Volksrepublik durch die vermeintliche Schuldendiplomatie „gekapert“ zu werden. „Ein Land kann ein anderes Land nicht übernehmen, indem es nur vier bis zehn Prozent seiner Schulden besitzt“, betont Olander. 

Wie bereits erläutert, stammen die meisten afrikanischen Schulden, die angeblich auf untragbare Weise aufgenommen wurden, nicht von China, und der kleine Teil, den diese Länder von China geliehen haben, dient dazu, ihre Ressourcen zur Förderung von Wachstum, Produktion, Beschäftigung und Exporten zu nutzen. Noch einmal: Es ist hier maßgebend, klar zwischen Konsumschulden und Produktionsschulden zu unterscheiden. „Das Problem liegt nicht in dem Schuldenstand oder dem Verhältnis von Schulden zu BIP. Das Hauptproblem entsteht, wenn ein Land wirtschaftlich stagniert. Verbucht ein Land kein Wirtschaftswachstum oder nur wenige Exporte, die Einkommen zur Rückzahlung der Kredite in die Kassen spülen könnten, gerät es in Schuldennot“, analysiert Lin. 

Der Wirtschaftsfachmann stellt zur Veranschaulichung ein Szenario vor, in dem ein Land mit einer hohen Schuldenquote von 70 Prozent des BIP, aber rasantem Wachstum und hohen Exporten am besten in der Lage wäre, seine Schulden (Zinsen und Kapital) zurückzuzahlen. Im Gegensatz dazu hätte ein Land mit einer niedrigen Schuldenquote von nur zehn Prozent des BIP, aber mangelndem Wachstum und fehlender Exportkapazität Schwierigkeiten, seine Schulden zu bedienen. 

Wenn ein Land wirtschaftlich wachsen will, muss es Sektoren wie Landwirtschaft, Bergbau und Industrie entsprechend seinen Wettbewerbsvorteilen entwickeln. Denn die Wettbewerbsvorteile senken schlussendlich die Produktionskosten. Lin weist zum Abschluss darauf hin, dass Afrika massive Infrastrukturerneuerungen und eine industrielle Transformation stemmen müsse. Für beides seien Kredite unerlässlich. „Wenn China also dazu beitragen kann, Mittel zur Verbesserung der Stromversorgung und der Straßenanbindung bereitzustellen, können afrikanische Länder es den Menschen ermöglichen, durch Produktivität Wohlstand zu schaffen, auch wenn dies die Verschuldung erhöhen könnte“, sagt der Ökonom zum Abschluss.  

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