18-12-2009 Beijing Rundschau
Zahlenspiele in Kopenhagen
von Matthias Mersch

Der Weltklimagipfel von Kopenhagen geht in die Endrunde. Seit 16. Dezember sind 60 der erwarteten 119 Staats- und Regierungschefs nahezu aller Länder der Welt in Kopenhagen eingetroffen. Am 18. Dezember oder 19. Dezember dann das große Finale. Dennoch wächst die Sorge, dass die Ergebnisse der Konferenz weit hinter den hochgesteckten Erwartungen zurückbleiben könnten. Aber auch wenn in Kopenhagen oder auf einem weiteren Treffen im nächsten Jahr ein Abkommen geschlossen werden sollte, wird zu fragen sein, ob die Zahlen der Reduktionsziele halten, was sie zu versprechen scheinen. Die „Süddeutsche Zeitung" zitiert einen hohen EU-Diplomaten: „Wir werden hier eine Vereinbarung unterschreiben. Die Frage ist nur, wie viel Substanz sie enthält."

Für ein Scheitern der Konferenz von Kopenhagen möchte keiner der Beteiligtenverantwortlich sein, deswegen wird es nicht an Versuchen fehlen, durch das Hervorzaubern eindrucksvoller Zahlenwerte von der mangelnden Bereitschaft abzulenken, tatsächlich etwas gegen die Erderwärmung zu unternehmen. Die Beijing Rundschau hat sich die Zahlen, die bislang auf dem Verhandlungstisch liegen, etwas genauer angesehen und ist der Frage nachgegangen, ob sie wirklich dazu beitragen können, die Freisetzung von Treibhausgasen zu vermindern.

China und die USA

China und die USA sind die unangefochtenen Weltmeister auf dem Gebiet der Luftverschmutzung: 40 Prozent des weltweiten Ausstoßes von CO2 gehen auf ihr Konto. Allein schon deshalb ist klar, dass ein Klimaabkommen ohne die Beteiligung Chinas und der USA sinnlos wäre. Ein Bürger der Vereinigten Staaten produziert im Jahr rund 20 Tonnen CO2, viermal so viel wie ein Chinese. Dennoch hat China in absoluten Zahlen ausgedrückt die USA in der Produktion von CO2 bereits überholt. Allein im Jahr 2006-2007 ist in China der Ausstoß von Kohlendioxid um 7,6 Prozent gestiegen. Um den Gegenwert von einem US-Dollar zu erwirtschaften, wird in China viermal so viel Kohlendioxid freigesetzt wie in den USA.

Auf die Erhöhung der Energieeffizienz zielt denn auch der Vorschlag, den China bereits im Vorfeld der Klimakonferenz unterbreitet hat: Bis zum Jahr 2020 wolle man die Emissionen pro erwirtschaftetem Yuan um 40 bis 45 Prozent reduzieren. Das Angebot geht an der Forderung vorbei, die von der UNO aufgestellt worden ist: um die Erwärmung der Erdatmosphäre bis 2050 auf einen Wert zu begrenzen, der nur um zwei Grad höher liegt als die Durchschnittstemperatur der vorindustriellen Ära, wären bis zum Jahr 2020 eine weltweite Reduzierung der Emissionen von Treibhausgas um 25 bis 40 Prozent erforderlich. Nur im schlimmsten Fall bedeutet der chinesische Vorschlag eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes, nämlich dann, wenn die chinesische Wirtschaft in den nächsten Jahren ein Minuswachstum erleiden sollte. Wächst sie jedoch erwartungsgemäß, so ergibt sich eine ganz andere Rechnung:  nehmen wir bis 2020 eine Verdoppelung des chinesischen Bruttoinlandsproduktes gegenüber 2007 und eine gleichzeitige Senkung des CO2-Ausstoßes je erwirtschaftetem Yuan um 45 Prozent an, würde China rund zwölf Prozent mehr an Treibhausgasen ausstoßen als im Jahr 2005.

Präsident Obama kündigte an, dass die USA bis 2020 ihren CO2-Ausstoß um 17 Prozent vermindern wollten, allerdings bezogen auf das Basisjahr 2005. Würde man den Vergleichswert des Jahres 1990 heranziehen, auf dem die Vereinbarungen des Kyoto-Protokolls beruhen, dem die USA nicht zugestimmt haben, wäre es eine Reduzierung um lediglich rund sechs Prozent. Richtig eingespart werden soll später: um 30 Prozent bis 2025 und 42 Prozent bis 2030, immer bezogen auf die Emissionswerte des Jahres 2005. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt dabei die Haltung des US-Kongresses. Während das Kyoto-Protokoll die Zustimmung des Repräsentantenhauses gefunden hatte, scheiterte es im Senat.

Im Vorfeld des Weltklimagipfels von Kopenhagen hat die Amerikanische Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) Treibhausgase offiziell als gesundheitsschädlich eingestuft. Damit verleiht sie dem Präsidenten die Handhabe, auch ohne Zustimmung des Kongresses die Emission der Schadstoffe zu begrenzen. Beobachter halten es jedoch für unwahrscheinlich, dass Präsident Obama in dieser wichtigen Frage an der Legislative vorbei handeln wird.

Neben den Reduktionszielen werden in Kopenhagen auch Zahlungen der Industriestaaten an Entwicklungsländer diskutiert, die diesen dabei helfen sollen, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren oder mit den Folgen der Klimaveränderung besser zurechtzukommen. Die USA ließen durch Außenministerin Hillary Clinton Finanzhilfen zusagen, nannten jedoch noch keine Zahlen. Landwirtschaftsminister Tom Vilsack kündigte eine Milliarde US-Dollar als Hilfe für den Schutz der Wälder in der Dritten Welt an. 

Indien 

Schwellenland Indien ist zwar mittlerweile der viertgrößte Emittent von Treibhausgasen auf der Welt, übt sich aber in Kopenhagen bislang in größter Zurückhaltung in der Frage, zu welchen Reduktionszielen das Land eventuell bereit wäre.

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