Deutschland gilt als die bedeudendste Wirtschaftsnation in Europa und China als weltweit die am schnellsten entwickelte neue Wirtschaftsnation. Die beiden Länder haben sich in den vergangenen Jahren gegenseitig jeweils zum größten Handelspartner in der EU bzw. in der asiatisch-pazifischen Region entwickelt. Statistisch gesehen hat das deutsch-chinesische Handelsvolumen im Jahr 2012 eine Summe von etwa 161,1 Milliarden US-Dollar erreicht, das macht bereits das 588-fache wie zu Beginn der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen im Jahr 1972 und ein Drittel des Handelsvolumens zwischen der EU und China aus. Das deutsch-chinesische Handelsvolumen im Jahr 2013 wird schätzungsweise das vom vorigen Jahr übertreffen. Die deutschen Investitionen in China erreichten im Jahr 2012 1,45 Milliarden US-Dollar, rund 28,5 Prozent mehr als im vorigen Jahr. Im Jahr 2013 wird in diesem Bereich ebenfalls eine Steigerung gegenüber dem vorigen Jahr erwartet. Rund 7.000 deutsche Unternehmen haben sich inzwischen in China niedergelassen bzw. haben eine Vertretung in China eingerichtet, wobei die Anzahl der kleinen und mittelständischen Unternehmen weiterhin zunimmt. Zugleich ist China bereits die drittwichtigste Quelle für ausländische Investitionen in Deutschland. Mehr als 2.000 chinesische Unternehmen haben sich inzwischen in Deutschland angesiedelt, und die chinesischen Investitionen in Deutschland übersteigen 2011 und 2012 bereits die deutschen in China. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern folgt den Prinzipien des gegenseitigen Nutzens und gleichberechtigten Wettbewerbs. Die bisherige positive Entwicklung hat auch der Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und China und der Erholung der europäischen Wirtschaft einen wichtigen Schub gegeben. Hinsichtlich der handelsprotektionistischen Maßnahmen der EU gegenüber China im Zusammenhang mit den Anti-Dumping-Zöllen für Photovoltaik-Importe setzten sich die beiden Regierungschefs von Deutschland und China dafür ein, dass Handelskonflikte durch Dialog und Konsultationen gelöst und die Eskalierung des Handelskriegs zwischen der EU und China möglichst vermieden werden sollten. Das hat schließlich auch dazu beigetragen, dass die Konflikte zum allseitigen Nutzen beigelegt wurden. Damit wird ein wirkungsvolles Muster für die Lösung zukünftiger Handelskonflikte zwischen der EU und China geschaffen.
Das deutsch-chinesische Sprachenjahr als neuer Akzent der bilateralen Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und Kultur
In den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Bildung haben die beiden Länder in diesem Jahr nach der erfolgreichen Durchführung der dreijährigen Veranstaltung „Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung" (2007 bis 2010) und nach dem „Chinesischen Kulturjahr" in Deutschland im Jahr 2013 ein „Deutsch-Chinesisches Sprachenjahr" gestartet. Nach Ansicht des berühmten deutschen Sprachwissenschaftlers und Pädagogen Wilhelm von Humboldt wirkt die Sprache nicht nur als Kommunikationsmittel zwischen Personen aus unterschiedlichen Sprachräumen, sondern auch als Speicher und Träger der Kultur einer Nation und fungiert somit als Denkmittel. Derzeit gibt es in China mehr als 200.000 Chinesen, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Darüber hinaus gibt es etwa 70 Hochschulen mit einem Fachbereich Germanistik und über 100 chinesische Schulen in China, die an dem vom deutschen Auswärtigen Amt im Jahr 2008 initiierten „PASCH-Programm" teilnehmen.
Hinsichtlich der kontinuierlichen Vertiefung der bilateralen Beziehungen setzt die deutsche Seite in diesen Jahren auch verstärkt auf die wissenschaftliche Beschäftigung mit der aktuellen Entwicklung in China. Aufgrund der unzureichenden Kenntnisse der Führungskräfte und Bürger in Deutschland über das sich rasch entwickelnde China als zweitgrößte Wirtschaftsnation und bevölkerungsreichstes Land der Welt hat die deutsche Mercator-Stiftung Mitte November bekannt gegeben, 18,4 Millionen Euro zur Errichtung des größten europäischen China-Forschungsinstituts in Berlin zur Verfügung zu stellen. Neben mehr als 30 deutschen Universitäten und Hochschulen, die derzeit Seminare für Sinologie bzw. Forschungsinstitute für Chinawissenschaften eingerichtet haben, will die Mercator-Stifung durch die Einstellung von 30 Wissenschaftlern und Mitarbeitern vor allem die wissenschaftliche Forschung über das heutige China in den Bereichen Politik, Wirtschaft, technische Erneuerung, Umwelt, gesellschaftlicher Wandel und Medien sowie moderne Kultur kräftig fördern.
Auf der chinesischen Seite ist die bisherige Deutschland-Forschung nicht nur auf die Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften beschränkt. Auch die Deutschland-Forschungszentren an der Tongji-Universität Shanghai und an der Sichuan-Fremdsprachenuniversität haben finanzielle Förderung vom chinesischen Bildungsministerium erhalten. Die Fremdsprachenuniversität Peking hat in diesem Jahr auf der Basis der Zeitschrift „Studien zu deutschen Kulturen"(《德意志文化研究》) die neue Zeitschrift „Information und Forschung über deutschsprachige Länder"(《德语国家资讯与研究》) herausgegeben. Anfang Dezember hat sie im Rahmen des deutsch-chinesischen Sprachenjahrs in Kooperation mit dem Anleitungskomitee für Germanistik und dem DAAD ein Gipfelforum zur deutsch-chinesischen Kultur- und Sprachenpolitik organisiert. Nicht zuletzt fungiert das Zentrum für Deutschlandstudien an der Peking-Universität als wichtige Brücke zwischen Deutschland und China im Bildungs- und Wissenschaftsbereich. Anfang September hat sich das Zentrum an der Organisation des deutsch-chinesischen Schriftstellerforums beteiligt, womit der Veranstaltungsreigen zum Deutsch-Chinesischen Sprachenjahr 2013/2014 in China eröffnet wurde. Ende September wirkte das Zentrum darüber hinaus bei der Organisation des ersten Forums der deutsch-chinesischen Führungskräfte mit, gefördert durch das chinesische Kulturministerium und die deutsche Bertelsmann-Stiftung. Unter dem Titel „Vertrauen wagen" haben mehr als 100 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft über „Kultur und Vertrauen", „Wirtschaft und Vertrauen" und „Politik und Vertrauen" diskutiert. Erkenntnisse und Kennenlernen sind der erste Schritt für den menschlichen Austausch. Das auf dieser Basis aufgebaute Vertrauen dient als das Hauptziel für die menschliche Kommunikation. Nur wenn Vertrauen zwischen Deutschland und China auf der Staats- und Bürger-Ebene aufgebaut werde, könne die künftige bilaterale Zusammenarbeit auf einer soliden Basis kontinuierlich gedeihen, wie der chinesische Kulturminister Cai Wu bei der Eröffnung betont hat.
Das Jahr 2014 wird diesmal nach dem chinesischen Mondkalender früher als das vorige Jahr beginnen, es ist das Jahr des Pferdes, was Geschwindigkeit, Kontinuierlität und Beharrlichkeit symbolisiert. In Deutschland sind nach der Bildung der neuen Bundesregierung kurz vor Weihnachten „solide Finanzen, sicherer Wohlstand, soziale Sicherheit" als wichtigste Zielsetzungen für die kommenden vier Jahre formuliert worden. Darüber hinaus ist die Energiewende als einer der wichtigsten Arbeitsschwerpunkte in der neuen Wahlperiode festgelegt worden. Daher sind hinsichtlich der Bildung und Bezeichnung der Bundesministerien einige Veränderungen zu beobachten. Das Wirtschaftsministerium achtet beispielsweise auf die Wechselwirkung zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Energieverbrauch und nennt sich daher „Bundesministerium für Wirtschaft und Energie", statt wie bisher Ministerium für Wirtschaft und Technologie. Hinsichtlich der zunehmenden Bedeutung der digitalen Welt wird das Verkehrsministerium entsprechend als „Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur" bezeichnet, und der Verbraucherschutz wird in die Verwaltungskompetenz vom Justizministerium eingegliedert. Ferner erwähnenswert ist das neue Ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, das die vier unterschiedlichen und teils im Zusammenhang stehenden Faktoren zu integrieren und zu regeln versucht. Die Veränderungen der Arbeitsschwerpunkte auf beiden Seiten sowie die festgelegten Grundprinzipien für die Förderung der bilateralen Beziehungen haben die Grundrichtung und Wege für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China in den kommenden Jahren deutlich unterstrichen. Zweifellos wird all dies im nächsten Jahr dann bei Merkels neuem Chinabesuch nach ihrer Amtsübernahme als Kanzlerin der dritten großen Koalition sowie bei den nächsten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Deutschland zum Ausdruck kommen. Die Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern im kommenden Jahr kann so auf dieser neu geschaffenen Basis wohl mit dem chinesischen Sprichwort „Gemeinsam auf der Überholspur" hoffnungsvoll beschrieben werden.
(Die Autorin ist Wissenschaftlerin im Deutschland-Forschungszentrum sowie am Forschungszentrum für Europastudien an der Renmin-Universität von China)
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