20-05-2013
International
Afrika auf dem Weg zur Einheit
von He Wenping

 Die von der Afrikanischen Union initiierte Renaissance Afrikas macht auch angesichts großer Herausforderungen Fortschritte.

 

 In diesem Jahr wird die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), die Vorgängerin der Afrikanischen Union (AU), 50 Jahre alt. Am 25. Mai 1963 unterzeichneten 30 Staatschefs afrikanischer Länder ihre Gründungs-Charta. Es war gleichzeitig der Tag der Befreiung Afrikas, ein wichtiger Gedenk- und Feiertag auf dem Kontinent.

In den vergangenen 50 Jahren haben die Länder und Menschen Afrikas einen langen Weg zurückgelegt. Er begann mit dem Kampf um Freiheit und Unabhängigkeit und setzte sich später mit dem Engagement für die Entwicklung und Einheit des Kontinents fort. Afrika hat große Erfolge erzielt, steht aber immer noch vor riesigen Herausforderungen.

 

 Förderung der Befreiung und Einheit 

Als die OAU entstand, befand sich mehr als ein Drittel der afrikanischen Staaten noch unter Kolonialherrschaft, in Südafrika kämpften die Schwarzen gegen den weißen Rassismus um Gleichberechtigung. Gleichzeitig wurden bereits unabhängige Nationen durch den Imperialismus und die Kontrolle ihrer Wirtschaft durch die ehemaligen Kolonialmächte oder separatistische Bewegungen bedroht. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren daher der Kampf gegen Imperialismus und Kolonialisierung sowie die Befreiung des gesamten Kontinents Afrikas vorrangige Ziele.

Mit der Organisation eines Befreiungskomitees unter Vorsitz von Tansanias Präsident Julius Nyerere, das den Kampf der afrikanischen Kolonien um Unabhängigkeit unterstützen sollte, konnte die OAU auf dem Weg zu Afrikas endgültiger Befreiung einen großen Erfolg verbuchen. Im April 1994 wählte Südafrika Nelson Mandela zum Präsidenten einer neuen demokratischen Regierung. Das bedeutete die vollständige Befreiung und Entkolonisierung des Kontinents. Das Befreiungskomitee der OAU wurde im August desselben Jahres abgesetzt, es hatte seine historische Mission erfüllt.

Die OAU förderte die Einheit und wirtschaftliche Integration Afrikas in hohem Maße. 1964 vereinbarten 21 OAU-Länder die Gründung einer Commission on Mediation, Conciliation and Arbitration, um interne Streitigkeiten zu lösen und die Einheit des Kontinents sicherzustellen. Mit Unterstützung der OAU wurden seit den 1960er Jahren zahlreiche subregionale Organisationen zur Förderung der wirtschaftlichen Integration ins Leben gerufen. Im Juni 1991 wurde auf dem 27. OAU-Gipfel der Vertrag von Abuja verabschiedet, der als Modell für den angestrebten Aufbau einer afrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft gilt.

Die OAU war eine regionale Regierungsorganisation, ihre Aufgaben wurden durch ihre eigenen Möglichkeiten und Ressourcen, das Engagement ihrer Mitglieder und die internationale Situation eingeschränkt. So war Afrika beispielsweise Schauplatz von Stellvertreterkriegen, während die USA und die Sowjetunion zur Zeit des Kalten Krieges um die Hegemonie auf dem Schwarzen Kontinent kämpften. Zudem standen Strukturprobleme den Fortschritten bei der wirtschaftlichen Integration Afrikas im Wege.

 

 An der Spitze der afrikanischen Renaissance

Im Juli 2002 wurde die OAU formell durch die AU ersetzt, die nun als neue politische und wirtschaftliche Allianz ganz Afrika vertrat. Während die OAU einen politischen Schwerpunkt besaß, will die AU den Kontinent bei der Bewältigung von Globalisierungsproblemen und bei seiner wirtschaftlichen und sozialen Renaissance an die Hand nehmen. Die Ziele der AU sind breiter gestreut. Sie betreffen Politik und Diplomatie genauso wie Aspekte der Entwicklung und Sicherheit.

Nach dem Kalten Krieg akzeptierten viele afrikanische Länder das System einer Mehrparteiendemokratie und formten und festigten ihre eigenen demokratischen Systeme. Dennoch ereigneten sich in Afrika immer wieder Militärputsche und verfassungswidrige Machtwechsel. In vielen Ländern ist die politische Lage während der Wahlen instabil. Die AU hat die Selbstüberwachung durch den African Peer Review Mechanismus gefördert, sie hat sich verfassungswidrigen Machtergreifungen entgegengestellt und so den demokratischen Fortschritt vorangetrieben. Außerdem bestand die AU im vergangenen Jahrzehnt darauf, sich mit einer gemeinsamen Stimme zu internationalen Angelegenheiten zu äußern. Die AU schätzt eine unabhängige und vielseitige Diplomatie, sie nimmt aktiv an internationalen Projekten der Zusammenarbeit und des Dialogs teil und will die Berücksichtigung afrikanischer Interessen in internationalen Kooperationen durch aktive Einmischung maximieren.

Kurz vor der Gründung der AU hatten afrikanische Länder ein Entwicklungs- und Sicherheitskonzept entwickelt, die so genannte New Partnership for Africas's Development. Es handelt sich dabei auch um einen Entwurf für Afrikas mittel- und langfristige Entwicklung im 21. Jahrhundert, der auf eine größere Rolle bei der Globalisierung sowie nachhaltiges Wachstum und Wirtschaftsförderung abzielt. Während der vergangenen zehn Jahre betrug die durchschnittliche Wachstumsrate immerhin rund 5 Prozent, so dass viele Afrika nun als Kontinent mit dem größten Wachstumspotenzial betrachten.

Die politische Instabilität infolge bewaffneter Konflikte sowie die Zunahme des Terrorismus haben die Entwicklung und Renaissance Afrikas allerdings in Frage gestellt. Die AU hat unermüdliche Anstrengungen unternommen, diese Probleme zu bewältigen. Aufgrund von Interventionen aus dem Westen und der begrenzten Möglichkeiten und Ressourcen Afrikas hat sie allerdings Rückschläge dabei erlitten, die Probleme auf afrikanische Art zu lösen. Es scheint im Moment sogar eine gefährliche Tendenz zur Marginalisierung der AU zu geben.  

Die Balance zwischen einer unabhängigen Friedenssicherung und ausländischen Interventionen zu finden, die Möglichkeiten der AU zur Lösung afrikanischer Krisen zu vergrößern sowie Frieden und Stabilität auf dem Kontinent zu wahren, sind zur Priorität für die AU und die afrikanischen Staaten geworden. Daneben muss Afrika tiefere wirtschaftliche Probleme wie Armut, Ungleichheit, schwache ökonomische Grundlagen, eine enge Wirtschaftsstruktur und eine wachsende Einkommenskluft lösen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Autorin ist Forscherin im Professorsrang am Chahar Institut und Leiterin der Forschungsabteilung für Afrika an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften