When Will Protectionism End „Die chinesische Regierung subventioniert Fahrradhersteller“. Wenn man das Passanten in Beijing erzählen würde, würde man garantiert für verrückt gehalten. Denn Fahrradhersteller sind weder High-Tech-Unternehmen noch zählen sie zu den Stützen der lokalen Wirtschaft.
Keine Regierung in China – egal auf welcher Ebene - würde Geld in eine Branche stecken, für die sich der Durchschnittsbürger kaum interessiert. Außerdem benötigt man für die Produktion von Fahrrädern keine großen Investitionen oder finanzielle Hilfen. Die Fahrradproduktion entwickelte sich in China frei nach den Gesetzen des Marktes. Der Gedanke, sie zu subventionieren, mutet daher seltsam an.
Aber genau das behauptet die EU. Seit 20 Jahren verhängt sie unter dem Vorwurf des Preisdumpings und der Subventionierung durch die chinesische Regierung Einfuhrzölle gegen Drahtesel aus dem Reich der Mitte.
Tatsächlich machte der Anteil chinesischer Fahrräder 2011 nur drei Prozent des Umsatzes am EU-Markt aus. Der europäischen Fahrradproduktion entstanden offensichtlich keine Nachteile, der Vorwurf des Preisdumpings erscheint unbegründet. Die Märkte in Japan und den USA sind zudem offen für Fahrräder aus China.
„China war schon immer ein wichtiger Fahrradproduzent. Vor 20 Jahren schützte die EU ihre Unternehmen, indem sie die chinesischen Räder vom europäischen Markt ausschloss. Die Fahrradproduktion in der EU ist aber wirtschaftlich stabil genug, daher sollten die Schutzmaßnahmen abgeschafft werden“, sagt der stellvertretende Direktor für Rechtsdienstleistungen an der Chinesischen Handelskammer für den Im- und Export von Maschinen und elektronischen Produkten (China Chamber of Commerce for Import and Export of Machinery and Electronic Products, CCCME).
Strafzölle von Rekorddauer
Obwohl ihre Abschaffung mehrfach überprüft wurde, verhängte die EU dennoch weiterhin Anti-Dumping-Zölle auf China-Fahrräder. Nach der letzten Prüfung im Oktober 2011 beschloss die EU, die seit 19 Jahren geltenden Zölle um weitere fünf Jahre bis 2016 zu verlängern. Der Zollsatz liegt dabei bei 48,5 Prozent.
Im April kündigte die Europäische Kommission dann ein weiteres Anti-Subventionsverfahren gegen chinesische Fahrräder an. Am 25. September hieß es, dass auch Fahrräder, die über Indonesien, Malaysia, Sri Lanka und Tunesien importiert wurden, geprüft werden sollen. Die EU begründete dies damit, dass chinesische Unternehmen offensichtlich den Zusammenbau der Fahrräder in diese Länder verlagert hätten, um sich den Einfuhrzöllen zu entziehen.
Laut EU- Statistik hat sich der Fahrrad-Import aus Sri Lanka zwischen 2009 und 2010 verdoppelt und einen Marktanteil von fünf Prozent erreicht. Die zuständigen Behörden wollen nun innerhalb von neun Monaten über eine Ausweitung der Anti-Dumping-Zölle für die oben genannten Länder entscheiden.
Tu Xinquan, stellvertretender Direktor des „China Institute for WTO Studies bei der University of International Business and Economics“ hält die langjährige Erhebung der Einfuhrzölle für ein Zeichen von Protektionismus. Die chinesischen Fahrrad-Exporte zeichneten sich durch eine hohe Wettbewerbsfähigkeit aus. Ohne die Erhebung von Strafzöllen befürchte die EU Nachteile für die eigene Fahrradproduktion.
Dass die Anti-Dumping-Zölle schon seit zwei Jahrzehnten erhoben werden, habe auch mit der EU-Erweiterung zu tun, so Tu. Bei jedem neuen Mitgliedsland könnte die EU erst einmal eine Interimsprüfung verlangen und dann die Erhebung der Zölle aufrechterhalten.
„Das ist ungerecht europäischen Kunden gegenüber. Ihnen wird das Recht genommen, sich für ein günstigeres Rad zu entscheiden“, so Tu weiter.
Kritik auch an chinesischen Unternehmen
Zurzeit gibt es in China etwa 1800 Fahrradproduzenten, davon sind 80 Prozent Joint-Ventures sowie ausländische oder private Unternehmen. Der Rest befindet sich in staatlicher Hand. 2011 machten chinesische Fahrrad-Exporte 60 Prozent des entsprechenden Welthandelsvolumens aus. Dabei gingen 50 Prozent der Exporte in die USA und Japan.
Der Verkauf von Fahrrädern aus China wird in mehreren Ländern sanktioniert. Nach einem Bericht der CCCME gibt es dafür zwei wesentliche Gründe.
Erstens haben einige Länder Chinas Status als Marktwirtschaft noch nicht akzeptiert. Sie kalkulieren Preise und Kosten der chinesischen Produkte, indem sie ein Drittland als Ersatz wählen, so dass China in eine passive Position gerät.
Zweitens verzichten viele Unternehmen wegen hoher Kosten und komplizierter Verfahren darauf, auf Handelsprozesse zu reagieren, und nehmen lieber ein schlechtes Image in Kauf.
Andere chinesische Unternehmen haben sich jedoch in der Tat unpassend verhalten. Bei früheren Anti-Dumping-Fällen stellte sich heraus, dass sie auf Wunsch der Importeure Rechnungen mit Preisen unter Marktwert erstellten, um ihre Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten.
„Sind alle Handelsbarrieren auf Diskriminierung und irrationales Verhalten uns gegenüber zurückzuführen? Natürlich nicht. Um mehr Marktanteile zu erschließen, sollten chinesische Unternehmen zuerst die Regeln des Marktes und die Kundengewohnheiten kennen lernen. Wenn sich chinesische Unternehmen weniger auf niedrige Preise konzentrieren und mehr Aufmerksamkeit auf die Qualität der Produkte und Dienstleistungen legen würden und wir in Einklang mit den internationalen Handelsregeln agieren könnten, wäre es viel schwerer für das Ausland, uns so leicht einzuschränken", heißt es im Bericht der CCCME.
Die Importeure tragen ebenso eine große Verantwortung. „Bei jedem Vorwurf des Preisdumpings entgegnen wir sofort, dass wir Handelsbeschränkungen aus den Verbraucherländern unterliegen. Tatsächlich können auch die Importeure Grund für die Handelsbeschränkungen sein. Denn sie führen unsere Produkte in riesigen Mengen zu niedrigen Preisen ein“, hieß es weiter.