13-05-2010
International
Karsten Neuhoff: China soll führende Rolle in der internationalen Klimazusammenarbeit übernehmen
von Zeng Wenhui

Karsten Neuhoff

Karsten Neuhoff ist Forschungsdirektor für Climate Policy Initiative beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Kürzlich hat er an der Konferenz über Grüne Wirtschaft und Internationale Kooperation zur Eindämmung des Klimawandels in Beijing teilgenommen. Beijing Rundschau hat Karsten Neuhoff interviewt.

 

Auf dem Klimagipfel in Kopenhagen hat China angekündigt, bis 2020 den Energieverbrauch pro BIP-Einheit um 40 bis 45 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 zu reduzieren. Wie beurteilen Sie Chinas Plan?

Die Reduktion der Energieintensität und Chinas Ziel 15 Prozent des Energiebedarfs mit nicht-fossilen Energien zu bestreiten ist ein wichtiger Schritt für Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Die pro-Kopf-Emissionen werden bei diesen Zielen jedoch immer noch stark wachsen und europäische Emissionen überschreiten. Wenn der weltweite Temperaturanstieg zwei Grad nicht überschreiten soll, dann sind verstärkte Anstrengungen aller Länder notwendig.

 

Was verstehen Sie unter dem Prinzip gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung" bezüglich Klimawandel? 

Es ist ein wichtiges Prinzip, dass die heutige Realität widerspiegelt. Um katastrophale Klimaauswirkungen zu vermeiden, müssen alle Länder ambitionierte Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen. Ein gemeinsames Vorgehen erleichtert oft die effektive Umsetzung solcher Maßnahmen. Länder unterscheiden sich in ihren Ressourcen und ihrem Entwicklungsstand - deswegen sollten reiche Länder ärmere Länder bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung unterstützen.

 

Die entwickelten Länder verfügen über starke Wirtschaftskraft, fortschrittliche grüne Technik, die Bürger sind umweltbewusster, während in den Entwicklungsländern ein Teufelskreis von Armutsbekämpfung- Umweltbelastung- Verschlechterung der Umwelt- Armut" nicht zu durchbrechen zu sein scheint. Was kann Deutschland als ein führender Industriestaat mit hochentwickelter Umweltindustrie tun, um den Entwicklungsländern zu helfen, aus diesem Teufelskreis zu treten?

Es ist auch in Europa eine große Herausforderung, die politische Unterstützung für ambitionierte Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zu gewinnen. Denn oft sind kurzfristige Anstrengungen und Investitionen notwendig - um langfristige Vorteile sowohl im Klimaschutz als auch für Wohnqualität, Energiesicherheit oder bessere lokale Umweltbedingungen zu erreichen. Für Länder ist das ein wenig wie für Menschen - alleine ist es schwer sich das Rauchen abzugewöhnen, oder sportlich zu werden - in einer Gruppe kann man sich gegenseitig Versprechen abgeben und zum Durchhalten ermutigen.

Für Entwicklungsländer, die zugleich Armut bekämpfen müssen, kann gezielte internationale Unterstützung helfen, Hindernisse für die Umsetzung von politischen Rahmenbedingungen und Programmen zu überwinden.

 Bei manchen Ländern liegt der Schwerpunkt dabei auf Training, technischer Unterstützung und finanziellen Mechanismen, bei Ländern wie China vermutlich mehr im Bereich der technischen Zusammenarbeit. Zum Beispiel zur Frage wie man ein Stromnetz flexibel betreiben kann, um mehr Wind- und Solarenergie einspeisen zu können.

 

Welche Hindernisse sehen Sie beim Technologietransfer im Bereich grüner Technik zwischen Industrienationen und Entwicklungsländern?

Vielleicht können wir von dem positiven Beispiel der rapiden globalen Verbesserung und Verbreitung von Computern und Mobiltelefonen lernen. Ich glaube, es gibt drei wichtige Faktoren für den Erfolg: Vertrauen in einen wachsenden Markt schafft große Anreize für Investition und Innovation. Wettbewerb vieler Firmen erlaubt es, mehrere Technologieoptionen zu erkunden, und reduziert das Risiko, dass Unternehmen Patente missbrauchen um zuviel Gewinn auf Kosten der Bevölkerung zu erwirtschaften. Staatliche Rahmenbedingungen und Regulierung sowie einheitliche Standards ermöglichen eine schnelle Verbreitung und die Zusammenarbeit vieler Unternehmen. Internationale Technologiezusammenarbeit kann dazu beitragen, ähnliche Erfolgsfaktoren für grüne Techniken zu erzeugen.

Neue Energietechnologien, wie Solarenergie, benötigen zunächst noch staatliche Rahmenbedingungen wie die Einspeisevergütung in Deutschland oder das Gold-Sun Programm in China. Diese müssen ambitioniert sein und mittelfristig formuliert werden, um in der Industrie Vertrauen in die Wachstumsaussichten des Marktes zu schaffen, und somit Innovationsanreize zu verstärken. China spielt eine sehr positive und wachsende Rolle bei der Kostensenkung von erneuerbaren Technologien. Bei der Ausrüstung zur Gewinnung von Solarenergie wird gegenwärtig der Großteil der Produktion exportiert. Ein wachsender chinesischer Binnenmarkt ist aber auch wichtig, um bei Herstellern das Vertrauen in die zukünftige Nachfrage und damit Innovationsanreize zu stärken.

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