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Wir brauchen Visionen und hartnäckigen Optimismus – Kommentar zur Klimakonferenz COP27

Von Robert Walker  ·   2022-11-24  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: COP27;Klimawandel
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Ägypten, wo in diesem November die 27. UN-Klimakonferenz der Vertragsparteien (Conference of the Parties, kurz COP27) stattfand, ist selbst ein Produkt des Klimawandels. Vor 6000 Jahren war die Sahara keine Wüste, sondern von Gras und Buschland bedeckt, es gab sogar offene Waldgebiete. Danach führte die zunehmende Trockenheit allerdings dazu, dass sich die Bevölkerung im Niltal konzentrierte, wo die jährlichen Überschwemmungen den Boden wieder regenerierten und mit Feuchtigkeit speisten. Das schuf die Voraussetzungen für die Entwicklung einer urbanen Zivilisation. 

   

Auf der Eröffnungszeremonie der 27. UN-Klimakonferenz der Vertragsparteien (COP27) im ägyptischen Sharm El-Sheikh am 6. November 2022 (Foto: Sui Xiankai/Xinhua)  

Als die Großen Pyramiden in Gizeh gebaut wurden, war die Wüstenbildung bereits weit fortgeschritten. Das verbliebene Grün formte damals einen Kontrast zum trockenen Wüstenboden. Heute macht der urbane Siedlungsraum, der das weltberühmte Touristenziel umgibt, diesen Kontrast aus. 

Der florierende Tourismus ist gewissermaßen auch einer der Gründe, warum Sharm El-Sheikh zum diesmaligen Tagungsort gewählt wurde. Die Stadt, die wegen ihres unwirtlichen Klimas zunächst lange Zeit unbewohnt war, erlangte mit der Gründung Israels 1948 militärstrategische Bedeutung, da sie den Eingang zum Golf von Akaba und zum israelischen Hafen Elat kontrolliert. Doch wirtschaftlich lebt die Stadt vor allem auch vom Tourismus. Und als Touristenzentrum ist Sharm El-Sheikh auf ausgedehnte Korallenriffe, klares Wasser und Klimaanlagen angewiesen. Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes sind daher für die Stadt von existentieller Bedeutung. 

Klima, Zivilisation und Politik sind schon immer untrennbar miteinander verbunden. Doch während im Zeitalter der ägyptischen Pharaonen das Klima die Zivilisation schuf, zerstört die moderne Zivilisation heute das Klima. Die Zukunft der Welt hängt also von der Politik ab. 

Doch die Politik scheint vom Tempo des Klimawandels noch immer überflügelt. 30 Jahre ist es mittlerweile her, dass 154 Nationen beim „Erdgipfel“ 1992 in Rio de Janeiro das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) unterzeichneten. Die erste jährliche COP fand 1995 in Berlin statt. Es dauerte jedoch ein Jahrzehnt, bis die gesetzten Emissionsreduktionsziele umgesetzt wurden, obwohl doch im Jahr 1997 auf der Kyoto-Konferenz eine Einigung darüber erreicht worden war. Das Kyoto-Protokoll hätte eigentlich 2012 auslaufen sollen, doch lange fehlte eine Folgevereinbarung, bis zum Pariser Klimaabkommen 2015. 

In Paris einigten sich die Vertragsparteien darauf, „den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu halten“ und „die Bemühungen fortzusetzen, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“. Außerdem wurde vereinbart, „den globalen Höchststand der Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich zu erreichen … [und] ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen … und dem Abbau … von Treibhausgasen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu erreichen“. 

Möglich wurde das Pariser Abkommen letztlich durch ein Zusammenspiel besonderer Ereignisse. So veröffentlichten etwa Chinas Staatspräsident Xi Jinping und der damalige US-Präsident Barack Obama im Jahr 2014 eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihr Engagement zur Bekämpfung des Klimawandels durch koordinierte Maßnahmen bekräftigten. Papst Franziskus gab 2015 eine Enzyklika über die Umwelt und die Humanökologie heraus, in der er zum Klimaschutz und zur Solidarität mit den Armen in der Welt aufrief. Und kurz vor dem Treffen in Paris bestätigten die Mitgliedsregierungen der Vereinten Nationen einstimmig die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung, die den Klimaschutz einschließen. 

Ein weiterer Faktor, der das Pariser Abkommen möglich machte, war jedoch sein Mangel an Spezifität: „nahezu unendliche Flexibilität“, wie David G. Victor einst meinte, heute einer der Doppelvorsitzenden der Kommission zur Beschleunigung des Klimaschutzes der American Academy of Arts and Sciences. Die Hoffnung war, dass mit dem wissenschaftlichen Fortschritt und vor allem mit der weiteren Zusammenarbeit der großen Länder eine Präzisierung erfolgen würde.  

Und das war auch dringend notwendig. Denn die wissenschaftlichen Ergebnisse waren beängstigend – der Sonderbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimawandel aus dem Jahr 2018 deutete darauf hin, dass die globale Erwärmung zwischen 2030 und 2052 wahrscheinlich früher als angenommen 1,5 Grad Celsius überschreiten würde. Die Politik machte noch weniger Hoffnung. 

Der frühere US-Präsident Donald Trump beschloss dennoch, sein Land aus dem Vertrag zurückzuziehen, und bezeichnete das Pariser Abkommen als einen Eingriff in die Souveränität seines Landes und als unfair. Damit folgte er einem Präzedenzfall. Schon George W. Bush hatte im Jahr 2001 das unter der Clinton-Gore-Administration ausgehandelte Kyoto-Protokoll zurückgewiesen. Dies erklärt, warum es über ein Jahrzehnt dauerte, bis das Pariser Abkommen zustande kam.  

Angesichts der wiederholten Weigerung der Vereinigten Staaten waren es die Zivilgesellschaft, der Wandel der öffentlichen Meinung, die Gruppe der Entwicklungsländer (G77 plus China) und die Europäische Union, die die Hoffnung auf Fortschritte am Leben erhielten. Die Hoffnungen erreichten ihren Höhepunkt im Jahr 2021 mit dem Wiedereintritt der USA in den Vertrag, mit der Veranstaltung des COP26 und dem daraus resultierenden Glasgow-Klimapakt. 

Seitdem haben die Ukraine-Krise, steigende Ölpreise, die allgemeine Inflation und die wachsende Armut den Fortschritt jedoch behindert. Dasselbe gilt auch für das sich verschlechternde geopolitische Klima. Die Vereinigten Staaten versuchen, China den Zugang zu den Technologiemärkten zu verwehren, und ignorieren offenbar das Angebot von Staatspräsident Xi, „gemeinsam einen echten Multilateralismus zu praktizieren“. Dabei ist der Klimawandel „die Alarmglocke der Natur für die Menschheit“, um es in den Worten von Xi Jinping zu formulieren.  

Es gibt jedoch Raum für Optimismus. Bei seiner Stippvisite auf der diesjährigen Klimakonferenz erklärte US-Präsident Biden unter Beifall, dass seine Regierung „einen Innovationszyklus in Gang setzen wird, der die Kosten senken und die Leistung sauberer Energietechnologien verbessern wird, die den Nationen auf der ganzen Welt zur Verfügung stehen werden, nicht nur den Vereinigten Staaten“. Am 14. November trafen sich Staatspräsident Xi und Präsident Biden zudem am Rande des G20-Gipfels im indonesischen Bali. Beide erklärten anschließend, dass man gemeinsam gegen den Klimawandel vorgehen wolle. 

Optimismus ist in der Tat erforderlich. Christiana Figueres, die entscheidend zum erfolgreichen Abschluss des Pariser Abkommens beigetragen hat, spricht von „hartnäckigem Optimismus“, der notwendig sei, um „die Realität, die uns gegeben ist, in die Realität zu verwandeln, die wir wollen“. 

Mit dem Pariser Abkommen schien es machbar, den Anstieg der globalen Temperaturen bis 2030 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Jetzt scheint es wahrscheinlich, dass die Temperaturen um zehn Prozent steigen, wenn die Emissionen nicht um 45 Prozent gesenkt werden. Die Vereinten Nationen räumen ein, dass die Gruppe der reicheren G20-Länder „bei der Erfüllung ihrer Klimaschutzverpflichtungen für 2030 weit im Rückstand“ ist. 

Beim Handeln lautet die Devise bekanntlich: besser früh als spät. Im Laufe der Zeit hat der technologische Fortschritt den Wechsel zu grünen Energieformen und einer sauberen industriellen Produktion einfacher und billiger gemacht. Die sozialen Kosten des Übergangs – Werksschließungen, Arbeitsplatzverluste und dezimierte Gemeinden – sind jedoch viel schwieriger zu bewältigen, wenn man schnell handelt. 

Obwohl weltweit nur 4,7 Millionen Menschen im Kohlebergbau beschäftigt sind, 68 Prozent davon in China, sind viele von ihnen in abgelegenen Gegenden konzentriert. Selbst der jüngste Leitfaden der Weltbank zum Ausstieg aus der Kohle konzentriert sich auf die Wiederbeschäftigung von Bergleuten und nicht den Wiederaufbau von Gemeinden.  

Doch während die Abschwächung, das heißt die Bekämpfung der menschlichen Ursachen des Klimawandels an der Wurzel, von entscheidender Bedeutung ist, stand die jüngste Klimakonferenz vor noch schwierigeren Herausforderungen. 

Die Folgen der globalen Erwärmung – darunter Dürren wie in der Sahelzone und Überschwemmungen wie kürzlich in Pakistan – sind für die Entwicklungsländer oft besonders gravierend. Zudem sind diese Staaten auch am wenigsten in der Lage, die Kosten für die Anpassung an den Klimawandel zu tragen. Verhaltensänderungen – etwa der Wechsel von Anbaupflanzen oder Saatgutsorten lokaler Landwirte – sind schwieriger, wenn die Risiken von Hunger und Unterernährung ohnehin bereits hoch sind. Regierungen, die in eine widerstandsfähigere Infrastruktur investieren müssen, sind möglicherweise bereits überschuldet. 

In Anerkennung dieser Probleme einigten sich die reichen Länder 2009 darauf, den Entwicklungsländern bis 2020 jährlich mit 100 Milliarden US-Dollar bei der Anpassung an den Klimawandel unter die Arme zu greifen. Dieses Ziel wurde allerdings nie erreicht und in Glasgow auf 2023 verschoben. Selbst die Summen, die letztlich ausgezahlt wurden, sind umstritten, da viele Geberländer lediglich Budgets, die für die Entwicklungshilfe im Ausland bestimmt waren, zur Klimafinanzierung umbenannt haben. 

Noch umstrittener als die Anpassung an die klimatischen Veränderungen ist die Frage von Verlusten und Schäden, sprich die zerstörerischen Auswirkungen des Klimawandels, die durch Abschwächung und Anpassung nicht vermieden werden können. 

Diejenigen, die am stärksten betroffen sind, leben nicht in den Industrieländern, die den Klimawandel ausgelöst haben. Daher forderten die G77 und China auf der COP26 in Glasgow diejenigen Länder, die für die meisten Emissionen verantwortlich sind, dazu auf, Gelder für Verluste und Schäden bereitzustellen. Dies wurde von den USA, der EU, Australien und anderen Ländern allerdings abgelehnt. 

In diesem Jahr haben einige europäische Länder auf der COP27 jedoch Gelder zugesagt – Österreich: 50 Millionen US-Dollar; Dänemark: 13 Millionen US-Dollar; Belgien: 2,5 Millionen US-Dollar an Mosambik; Schottland: 5,7 Millionen US-Dollar – aber nicht die „Milliarden oder zig Milliarden“, die der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore für notwendig hielt. 

Letztlich handelt es sich hier um eine moralische Frage, eine Frage der Klimagerechtigkeit. Europa hat seit 1750 33 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen aus fossilen Brennstoffen und der Industrie verursacht, Asien und Nordamerika jeweils 29 Prozent und der Rest der Welt – Afrika, Südamerika und Ozeanien – nur neun Prozent. 

Während Chinas kumulierte Kohlendioxidemissionen nur 57 Prozent derer der USA ausmachen, sind die meisten in den letzten 50 Jahren entstanden. Im Jahr 2021 entfielen 39 Prozent der weltweiten Emissionen auf China, mehr als Europa (18 Prozent) und die USA (17 Prozent) zusammen. Dennoch liegen die Pro-Kopf-Emissionen in den USA (14,86 Tonnen) weit über denen in China (8,05 Tonnen) und werden nur von einigen Golfstaaten und Australien übertroffen. 

Die moralischen Fragen, mit denen wir es hier zu tun haben, sind komplex. Viele der Emissionen entstanden vor der Geburt der heutigen Bürger in den reichen Ländern. Dennoch kommen sie heute in den Genuss des höheren Lebensstandards, der durch die frühere Verbrennung fossiler Energieträger möglich wurde. Staatspräsident Xi hat in Bezug auf die Einigung darüber, wer für die durch allgemeine Emissionen verursachten Verluste und Schäden – in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – letztlich aufkommen soll, folgende Vision skizziert: dass „Menschen auf der ganzen Welt“ für „internationale Gleichheit und Gerechtigkeit“ eintreten sollten. Ganz in diesem Sinne schloss Xi im vergangenen Jahr auch seine Rede auf der Konferenz zum 50. Jahrestag der Wiederherstellung des legitimen Sitzes der Volksrepublik China bei den Vereinten Nationen, nämlich mit einem berühmten Zitat aus einem alten chinesischen Gedicht: „Grüne Berge tauchen in dieselben Wolken und denselben Regen ein. Derselbe Mond erleuchtet die Städte, wie weit entfernt sie auch sein mögen.“  

*Robert Walker ist Professor an der Chinesischen Akademie für Sozialmanagement / Institut für Soziologie an der Pädagogischen Universität Beijing und emeritierter Professor sowie emeritierter Fellow des Green Templeton College der University of Oxford. Außerdem ist Walker Fellow der Royal Society of Arts und der Academy of Social Sciences in Großbritannien.  

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