Einerseits ist die Schweiz – mit ihrer Erfahrung und Expertise im Wintersport und Wintertourismus – für China natürlich ein idealer Partner und verlässlicher Berater für die Winterspiele im eigenen Land. Andererseits birgt die chinesische Wintersport-Euphorie und der chinesische Wintersport-Markt aber auch für die Schweiz große Chancen. Und dies nicht nur auf chinesischem Boden, sondern auch in den Schweizer Alpen. Denn dort kurbeln die chinesischen Touristen den Schweizer Tourismus schon seit längerem mächtig an, und werden in Sachen Logiernächte nur von Deutschland, den USA und dem Vereinigten Königreich in ihre Schranken verwiesen.  

Schweiz-China-Kooperation im Bereich Wintersport und Tourismus 

Im Dezember 2013 lud Schweiz Tourismus acht chinesische Skilehrer in die Schweiz ein. Das Projekt “Chinesische Skilehrer in der Schweiz“ war somit geboren. Die Aufgabe der chinesischen Skilehrer war es, den chinesischen Touristen in den Schweizer Skigebieten das Skifahren beizubringen – in ihrer Muttersprache Mandarin. Ausgebildet wurden die chinesischen Skilehrer dabei von erfahrenen Schweizer Skilehrern. Die chinesischen Skilehrer konnten so nicht nur schweizerische Alpenluft schnuppern, sondern auch von einer fundierten Ausbildung nach Schweizer Skilehrer-Standards profitieren. Das Medieninteresse rund um diese Aktion war so groß, dass das Schweizerische Fernsehen SRF dazu prompt eine sechsteilige Doku-Serie veröffentlichte, welche die Abenteuer der chinesischen Skilehrer in den Schweizerischen Skigebieten dokumentierte und gekonnt in Szene setzte.  

Weitere Kooperationsprojekte zwischen den beiden Ländern ließen nicht lange auf sich warten und so wurde das Jahr 2017 prompt zum Tourismusjahr Schweiz-China erklärt.  

Schwerpunkte dieser Zusammenarbeit stellten die Kooperation in den Bereichen nachhaltiger Bergtourismus, Wintersport und Hotellerie dar. Zahlreiche Veranstaltungen wie zum Beispiel der Besuch der damaligen Schweizer Bundespräsidentin Doris Leuthard an der chinesischen Mauer in Beijing, die Präsenz der Schweiz als Ehrengast an der World Winter Sports Expo in Beijing und eine schweizerisch-chinesische Hotelmanagement-Konferenz waren Folgen dieser fruchtbaren Zusammenarbeit. Auch in Zukunft wollen die beiden Länder den gegenseitigen Austausch fördern und weiter voneinander profitieren.  

Was kann China im Bereich Wintersport von der Schweiz lernen? 

Die Schweiz hat Wintersport und Wintertourismus im Blut. Darüber muss man nicht lange diskutieren. Die interessante Frage, die sich nun aber in diesem Zusammenhang stellt, ist Folgende: Was kann China im Bereich Wintersport – hinsichtlich der Austragung der Winterspiele 2022 und darüber hinaus – konkret von der Schweiz lernen? Nicolas Bideau, Chef von Präsenz Schweiz, meint dazu: „Nachhaltigkeit ist der Schlüssel“. Es gehe nicht primär darum zu lernen, wie man möglichst schnell ein Skigebiet hochziehen oder einen Skilift bauen würde, sondern vielmehr darum, etwas Nachhaltiges zu erschaffen. In der Schweiz habe man nach einer Phase des exzessiven Bauens und Produzierens in den Wintersportgebieten allmählich erkannt, dass Wintersport und Wintertourismus weit mehr sei, als nur Ski- und Snowboardfahren. Diese Erkenntnis ist es nun primär, die Bideau China mit auf den Weg geben möchte.  

House of Switzerland 

In Anbetracht der Winterspiele Beijing 2022 steht die Schweiz China aber nicht nur als passiver Ratgeber zur Seite, sondern wird in der chinesischen Hauptstadt auch in Form des House of Switzerland präsent sein. Das House of Switzerland ist quasi eine Mini-Schweiz, die an großen Weltausstellungen und olympischen Spielen stets in Pavillon-Form mit dabei ist, um die Marke Schweiz zu vertreten. Noch ist allerdings unklar, wo das House of Switzerland in Beijing während den Olympischen Winterspielen genau stehen wird. Im Gegensatz zu Korea 2018 werde das Holz-Chalet allerdings nicht direkt in unmittelbarer Nähe der Veranstaltungen stehen, sondern im Herzen der Stadt Beijing, sagt Bideau. Dies sei zwar einerseits eine Herausforderung, würde aber andererseits auch große Vorteile mit sich bringen, denn die Schweiz habe dadurch die Möglichkeit, sich in Sachen Image vielfältiger darstellen zu können. In Korea habe man aufgrund der Lage des Hauses alles auf die Karte „Winter & Sport“ setzen müssen. In Beijing könne die Schweiz nun aber weitere Trümpfe ausspielen und zeigen, was sie sonst noch alles kann. Allerdings verfolgt das House of Switzerland auch noch andere ambitionierte Ziele. Mit schweizerischer Präzision bringt Bideau die drei Hauptfunktionen des Hauses auf den Punkt: „Ein Drittel ist Politik, ein Drittel ist Business und ein Drittel ist Sport.“ 

Die aktive Rolle der Schweiz an den olympischen Winterspielen von Beijing 2022 

Die Schweiz wird in Beijing 2022 selbstverständlich nicht nur als Zuschauer und Berater zu Gast sein. Sie rechnet sich in verschiedenen Sportarten durchaus auch Chancen auf Medaillen aus.  

Im Eishockey etwa verblüffte die Schweiz dieses Jahr mit WM-Silber und musste sich nur Schweden geschlagen geben – im Penaltyschiessen und nach zweimaliger Führung während der regulären Spielzeit! China jedenfalls scheint von den spielerischen Qualitäten der Schweizer Nati ebenfalls angetan zu sein und schickte prompt eine 50-köpfige Delegation, bestehend aus Spielern und Trainern, in die Schweiz, um von der Schweizer Expertise im Eishockey profitieren zu können. Sowohl Trainingseinheiten für die Spieler wie auch Weiterbildungen für die Trainer stehen dabei auf dem Programm. Beijing 2022 wird ein erster Indikator für den Erfolg dieser Kooperation sein, denn selbstverständlich tritt auch das chinesische Eishockey-Team bei den heimischen Winterspielen an.  

Doch auch im Skisport, mitunter im Super-G, Slalom und in der Kombination rechnen sich die die Schweizer Athletinnen und Athleten Chancen auf Edelmetall aus. Mit insgesamt 15 Medaillen im Rücken aus Olympia 2018 in Pyeongchang, sind die Erwartungen und Hoffnungen der Eidgenossen natürlich entsprechend hoch.  

Ein Blick in die Zukunft 

Was die geraume Zukunft betrifft, so muss die Schweiz wohl bis auf Weiteres auf eine Veranstaltung in der Größenordnung Olympia verzichten. Die Schweiz kandidierte zwar mit Sion (Kanton Wallis) für die olympischen Winterspiele 2026, musste allerdings die Bewerbung im Juni dieses Jahres zurückziehen, nachdem sich die Walliser Bevölkerung mit 54 Prozent Nein-Stimmen gegen die Olympischen Winterspiele im eigenen Land ausgesprochen hat. Laut Bideau sind es vor allem die jungen Leute gewesen, die dem Großevent in Sion einen Strich durch die Rechnung machten. Auch auf die Frage, ob die Winterspiele überhaupt irgendwann wieder den Weg in die Schweiz finden würden, zeigt sich Bideau skeptisch. 

Die Winterspiele in Beijing stellen für die Schweiz eine gute Möglichkeit dar, ihre Erfahrung im Bereich Wintersport ans Volk zu bringen, ohne dabei die Risiken und Kosten eines Großevents selbst tragen zu müssen. Weitere Kooperationen zwischen China und der Schweiz hinsichtlich Olympia 2022 sind bereits im Gespräch und teilweise wohl auch schon in Arbeit. Wir dürfen also gespannt bleiben, wie sich die chinesisch-schweizerische Kooperation in Zukunft weiterentwickeln wird!