27-04-2009 Beijing Rundschau
„Unglückliches China" sorgt für Debatte über Nationalismus
von Wu Yanfei

Ein zum Bestseller anvanciertes Buch, das die USA kritisiert und China zu einem selbstbewussterem Auftreten auffordert, hat in China eine Debatte über Nationalismus und die Rolle ausgelöst, die China in der Welt spielen soll.

Unglückliches China" ist ein Sammelband von fünf Autoren, die argumentieren, dass China dem feindlich eingestellten Westen zu ehrfürchtig gegenübertritt. Sie meinen, dass China seine wachsende Macht und Wirtschaftskraft zum Aufbau einer Vormachtstellung nutzen sollte. "Ein Blick auf die Geschichte der Menschheit zeigt, dass wir am qualifiziertesten sind, um die Welt zu regieren. Der Westen sollte an zweiter Stelle stehen”, heißt es in dem Buch.

Die Autoren, ein Kreis Intellektueller, rechnen in ihrer Schrift vor allem mit den USA ab. Sie sind der Meinung, dass die Thesen ihres Buches, die vor allem an junge Chinesen adressiert sind, inzwischen von der Finanzkrise bestätigt wurden. "Die ökonomische Krise hat den Chinesen vor Augen geführt, dass Amerika in der Klemme steckt und wir mit unseren Aussagen daher recht behalten haben”, wird Wang Xiadong in einem Interview vom vergangenen Freitag zitiert. Seine Ko-Autoren sind: Liu Yang, Song Qiang, Huang Jisu und Song Xiaojun.

Am 13. März ist das "Unglückliche China” erschienen. In vielen chinesischen Buchhandlungen ist das Buch bereits ausverkauft. Bei Dangdang.com, einem der führenden Online-Versandhäuser, ist der Band als Bestseller gelistet. Bislang hat das Buch eine Auflage von 270 000 Exemplaren, der reißende Absatz übersteigt jedoch alle Erwartungen.

Die Reaktionen auf das Buch sind überwiegend negativ und spiegeln die komplexe Rolle wider, die der Nationalismus im heutigen China spielt. In vielen Buchrezensionen chinesischer Medien wird "Unglückliches China” als reine Masche angeprangert, mit nationalistischen Empfindungen Geld zu verdienen. Das Buch sei ein Versuch, "Geld aus den Taschen der frustrierten Jugend und der zornigen Alten zu ziehen”, so eine Kritik in der staatlichen China Youth Daily.

Laut eines englischsprachigen Artikels der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua geht das Buch am Durchschnittschinesen vorbei. Zitiert werden in dem Artikel auch überaus harte Kritiken von Bloggern und Wissenschaftlern, die das Buch mit seinem ostentativ zur Schau getragenen Nationalismus als beschämend und unkonstruktiv bezeichnen.

"Nationalismus ist notwendig. Aber Nationalismus hat auch seine Grenzen. Man darf andere Länder nicht einfach so vor den Kopf stoßen”, schreibt Li Yinhe, eine prominente Soziologin. "Die wichtigste Aufgabe unserer Intellektuellen und Patrioten ist es, Chinas Demokratisierungsprozess zu fördern und nicht nationalistische Statements abzusondern.”

"Unglückliches China” ist der Nachklang eines früheren Buches, das ebenfalls in die nationalistische Kerbe gehauen hat: "China kann Nein sagen” aus dem Jahr 1996. Und dies ist kein Zufall, denn Song Qiang ist Koautor der einen wie der anderen Schrift. Dem neuen Werk kommt aber besondere Aufmerksamkeit zu, weil es mitten in der Wirtschaftskrise erscheint. Die schädigt bekanntlich vor allem den Westen, während in den Augen vieler Chinesen die Stellung ihres eigenen Landes relativ unangefochten geblieben ist.

Dennoch haben Chinas Spitzenpolitiker zu verstärkter internationaler Kooperation aufgerufen, um so die Krise zu stoppen. Ihre Amtskollegen aus dem Westen sehen den Ausweg aus der Krise ebenfalls in einer umfassenderen Zusammenarbeit.

Die Autoren von "Unglückliches China” ignorieren derartige Tatsachen und üben sich staatdessen lieber in Amerikaschelte: die Klagen reichen von der Inflationspolitik der amerikanischen Notenbank, die den Wert der von China gezeichneten US-Staatsanleihen schmälert, bis zur unverminderten Unterstützung der US-Regierung für Taiwan.

"Auch bei uns gibt es viele, die der Meinung sind, China sollte mit den USA kooperieren”, sagt Li Yang, einer der Autoren in einem Interview. "Aber die Einstellung der USA zur Kooperation ist falsch, da sie keine gleichberechtigte Partnerschaft vorsieht.”

Die Autoren von "Unglückliches China” haben vor allem eine jüngere Leserschaft vor Augen. In den Protesten meist jüngerer Leute gegen die ausländische Kritik an Chinas Tibetpolitik und in der Ausrichtung der Olympischen Spiele sehen sie "Meilensteine” in der Entwicklung der Beziehungen zwischen China und dem Westen.

"Amerika wird in Zukunft mit einem weniger freundlichen China konfrontiert sein”, glaubt Wang.

 
Kurze Nachrichten


Wirtschaft
Top-Services
Hotel
Routenplaner
Wechselkurs
Rent a car
City Apartments Vermietung
Reise durch China
Schreiben Sie an uns
Aboservice
Wetter
Über Beijing Review | Über Beijing Rundschau | Rss Feeds | Kontakt | Aboservice | Zu Favoriten hinzufügen
Adresse: BEIJING RUNDSCHAU Baiwanzhuanglu 24,
100037 Beijing, Volksrepublik China