25-11-2008 Quelle:China.org.cn
Braucht die Welt ein neues Finanzsystem?

Vor dem Hintergrund des Offenen Briefes, den der renommierte Ökonom Henry C.K. Liu an den G20-Gipfel geschrieben hat, erörtert der Artikel das Für und Wider der unterschiedlichen Positionen der USA, der europäischen Industrieländer und der Schwellenländer zur Reform des internationalen Finanzsystems.

Seitdem sich die internationale Finanzkrise, die ihren Ursprung in einer Hypothekenkrise in den USA hatte, auch in andere Teile der Welt ausgebreitet hat, wird zunehmend die Forderung erhoben, das internationale Finanzsystem zu reformieren. "Der Winter 2008-2009 wird sich als der Winter einer globalen wirtschaftlichen Unzufriedenheit erweisen", schreibt Henry C.K. Liu, ein amerikanischer Ökonom chinesischer Herkunft in einem offenen Brief an den G20-Gipfel, der in der vergangenen Woche in Washington stattfand.

Der Brief, in dem die Positionen der neoliberalen Wirtschaftslehre kritisiert wird, erschien am 8. November in der Asia Times. Die neoliberalen Ökonomen seien der Selbsttäuschung erlegen, "dass auf Schulden aufgebauter falscher Wohlstand durch monetäre Nachgiebigkeit haltbar sein könnte." In seinem Brief fordert Liu ein neues internationales Finanzsystem auf Grundlage einer dem 21. Jahrhundert angepassten Version des Plans von John Maynard Keynes, den dieser 1944 in Bretton Woods vorgeschlagen hatte. "Dieses neue internationale Finanzsystem hat zum Ziel (1) ein neues globales Währungssystem zu schaffen, das ohne die Hegemonie einer Währung auskommt; (2) globale Handelsbeziehungen aufzubauen, die die innere Entwicklung eines Landes unterstützen und nicht behindern, und (3) eine globale wirtschaftliche Situation zu schaffen, die jeder Nation Anreize gibt, Vollbeschäftigung und höhere Löhne für ihre Arbeitskräfte zu fördern" heißt es in dem Brief weiter, der von dem amerikanischen Volkswirt Paul Davidson und zahlreichen anderen führenden Ökonomen aus der ganzen Welt unterzeichnet wurde.

Zwar werden in dem offenen Brief gute Vorschläge unterbreitet, aber in der realen Welt besteht nicht genug Dynamik, um ein neues Finanzsystem aufzubauen. Obwohl als Verursacher der Finanzkrise von vielen Seiten das Versagen des Kapitalismus der freien Märkte in den USA genannt wird, wehrt sich der amerikanische Präsident George W. Bush heftig dagegen, die Grundlagen des "demokratischen Kapitalismus" infrage zu stellen. Es ist "wesentlich, dass wir die Grundlagen des demokratischen Kapitalismus erhalten", sagte Bush bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und dem Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso im vergangenen Monat. Bush wiederholte diese Position beim G20-Gipfel und erklärte, das Ziel des Treffens sei die Festigung "unserer Überzeugung, dass die Prinzipien des freien Marktes der sicherste Weg zu bleibendem Wohlstand sind." Allerdings räumte er ein, dass sowohl der Internationale Währungsfonds als auch die Weltbank, die beiden wichtigsten internationalen Finanzinstitutionen, die 1944 in Bretton Woods gegründet wurden, modernisiert werden müssten.

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