18-11-2009 Beijing Rundschau Breaking Forecast - Gruppenausstellung von Solisten von Matthias Mersch
Sun Yuan & Peng Yu, Tomorrow Foto: Hou Yanyan
Am 17. November ist die Ausstellung „Breaking Forecast – 8 Key Figures of China´s New Generation Artists" im Ullens Center for Contempory Art (UCCA) in Beijings Kunstmeile 798 eröffnet worden. Bis zum 28. Februar 2010 wird die Schau in allen fünf Räumen des UCCA zu sehen sein. Mit der „neuen Generation" sind Künstler unter vierzig Jahren gemeint, die gerade dabei sind, sich in der internationalen Kunstszene einen Namen zu machen. So nehmen sie Einfluss auf ihre eigene Generation und die allerjüngsten Player des chinesischen Kunstbetriebs. Die Ausstellung zur Feier des zweijährigen Bestehens des UCCA ist in gewissem Sinne ein Gegenstück zur Eröffnungsausstellung von vor zwei Jahren: „´85 New Wave": Wie mit einem gigantischen Zeitraffer durchlebte in den achtziger Jahren die chinesische Kunst nach dem Abschied vom Themen- und Formenkanon des sozialistischen Realismus die künstlerische Moderne, die in China jahrzehntelang außen vor geblieben war. Nach dem Blick auf die Urgeschichte von Chinas Moderne werden nun also Gegenwart und nahe Zukunft ins Visier genommen. Der historische Ansatz der damaligen Ausstellung wurde stark kritisiert, man vermisste den Bezug zur gegenwärtigen chinesischen Kunst. Ich denke, dieser Vorwurf greift ins Leere: Eine Beziehung zwischen dem Kunstschaffen der achtziger Jahre und dem der Gegenwart ist gar nicht darzustellen, denn es gibt sie nicht. Nach dem Durcheilen aller Tendenzen der Weltkunst des 20. Jahrhunderts landete die chinesische Szene in einer – durchaus ja auch internationalen – Kommerzialisierung, die zu einer Banalisierung geführt hat. „Kunst mit chinesischen Eigenschaften" errang unter ausländischen Sammlern und Chinas Millionären einen unverhofften Marktwert. Die Nachfrage war so groß, dass Kunst nur noch unter Preisgabe von Originalität und Qualität produziert werden konnte. Nun aber, dies lehrt die aktuelle Ausstellung im UCCA und man nimmt es mit Genugtuung zur Kenntnis, ist Folklore out - und mag sie noch so ironisch daherkommen. Individualismus ist angesagt: jede einzelne der hier gezeigten Arbeiten beweist, dass ihr Urheber sie einem langen Prozess der Läuterung unterworfen hat, an dessen Ende nun eine geradezu klassische Klarheit des Ausdrucks steht. Wenn die neun Künstler der Ausstellung tatsächlich repräsentativ sind, dann folgt daraus, dass in der chinesischen Gegenwartskunst das Readymade genauso überwunden ist wie das In-den-Raum-Stellen einer bloßen Idee, an deren Umsetzung nicht mit großem Ernst und Kunstfertigkeit gearbeitet würde. Natürlich erinnert Tomorrow von Sun Yuan und Peng Yu an die hyperrealistischen Skulpturen von Duane Hanson, aber eben nur in der Art, wie diese ihrerseits nicht denkbar wären ohne die Fotografien von Irving Penn, zum Beispiel der „Cleaning Women" von 1950. Es finden Adaptionen von Motiven statt, Aneignungen nicht im Sinne von Entwendungen, sondern von Verwandlungen in etwas Eigenes. Die lebensgroßen Kunststoffhelden der beiden Chinesen waren bereits Protagonisten von Happenings und kreuzten als Wasserleichen in Liverpool im Fahrwasser der Beatles-Verehrung. Diese Aktion verleiht ihnen die Patina einer abgeschlossenen Kunstepoche, deren fortdauernde Gegenwart für China augenzwinkernd behauptet wird. Wundervoll gelöst haben Sung und Peng die technischen und ästhetischen Fragen, die ihre Installation Smoke aufwirft: ein riesenhafter Rauchring wabert durch den Raum, um am Ende seiner Reise von einem rotierenden Reisigbesen zerstoben zu werden. Am erstaunlichsten in ihrer Einfachheit und der aus ihr resultierenden Wirkung ist Xu Zhens In Just a Blink of an Eye. Eisenständer und drei Performer erwecken die Illusion der Schwerelosigkeit. Ein gefrorener Augenblick, in dem höchste Dynamik zu einem Ausdruck meditativer Ruhe fixiert wird: Bitte halten Sie uns! Und das Schicksal erhört die höfliche Bitte der Fallenden. Eine Ausstellung, deren Besuch man nicht aufschieben sollte. Selbst schuld, wer nicht zu Breaking Forecast geht und so die Zukunft der chinesischen Kunst verschläft!
Breaking Forecast – 8 Key Figures of China´s New Generation Artists Vom 17. November 2009 bis zum 28. Februar 2010 im Ullens Center for Contemporary Art (UCCA), 798 Art District, No. 4 Jiuxianqiao Lu, Chaoyang District, Beijing
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