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Die Reisschale fest in der Hand behalten: China setzt auf Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln

Von Li Xiaoyu  ·   2022-06-16  ·  Quelle:China Heute
Stichwörter: Ernährungssicherheit;Landwirtschaft
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Landwirte in Yongzhou (Provinz Hunan) steuern eine Erntemaschine, um hochwertigen Reis zu ernten. (Foto: VCG)  

Die Auswirkungen des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, die als „Brotkorb Europas“ bekannt ist, sind in den Supermärkten weltweit deutlich zu spüren. Laut einem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) von März ist der Lebensmittelpreisindex auf ein Allzeithoch geschnellt. Er liegt fast 30 Prozent über dem Vorjahresniveau und zudem weit über dem Rekord von 2011. Die UN-Agentur hat davor gewarnt, dass die weltweiten Lebensmittelpreise im Zuge des Konflikts um bis zu 20 Prozent steigen könnten. Die globale Ernährungssicherheit rückt daher zunehmend in den Fokus. 

Auch China stellen die aktuellen Entwicklungen vor beträchtliche Herausforderungen. Schließlich muss das Land ein Fünftel der Weltbevölkerung ernähren, und das mit nur etwas über neun Prozent des weltweiten Ackerlandes und nur rund sechs Prozent der weltweiten Süßwasservorkommen. Tatsächlich misst Chinas Regierung dem Thema Ernährungssicherheit schon seit langem höchste Priorität bei. Im „Dokument Nummer 1“ des Zentralkomitees der KP Chinas, das im Februar veröffentlicht wurde, setzte man die Fragen rund um die Landwirtschaft, die ländlichen Gebiete und die Bauern ganz oben auf die Agenda, genauso übrigens wie schon in den 19 Jahren davor. Staatspräsident Xi Jinping lässt keine Gelegenheit aus, an die Bedeutung der Ernährungssicherheit für Chinas Entwicklung und das Wohlergehen der Bevölkerung zu erinnern. Diese sei eines der obersten Interessen des Landes, so das Staatsoberhaupt, und es daher sei zwingend erforderlich, die Chinesen mit Agrarprodukten aus heimischer Produktion zu ernähren, wie er betonte. 

   

Mais im Test: Diese Labormitarbeiterinnen der Firma Chenfeng Grain Reserve in der Stadt Zhangjiakou (Provinz Hebei) führen am 20. April Lebensmitteltests durch. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Interviewten)  

Ein hohes Maß an Autonomie  

„Sowohl die Ukraine als auch Russland sind für China Quellländer für den Import von Agrarprodukten und Rohstoffen. Dennoch halten sich die Auswirkungen des aktuellen Konflikts auf Chinas Getreidemarkt in Grenzen“, analysiert Qian Jingfei, Assistenzforscher am Institut für Agrarökonomie und Landwirtschaftsentwicklung der Chinesischen Akademie für Agrarwissenschaften. Daten des Staatlichen Statistikamts zeigten, dass Chinas Getreideproduktion im Jahr 2021 680 Millionen Tonnen überstiegen habe. Man habe damit das siebte Jahr in Folge die 650-Millionen-Tonnen-Marke überschritten. Der Selbstversorgungsgrad der drei Hauptgetreidearten – Reis, Weizen und Mais – liegt nun bei über 98 Prozent und macht seit 2005 jedes Jahr mehr als 95 Prozent des Verbrauchs aus. Damit realisiert China eine grundlegende Selbstversorgung mit Getreide. Nach Angaben des chinesischen Hauptzollamts machten Chinas Weizenimporte aus Russland in der Vergangenheit gerade einmal 0,5 Prozent der Gesamtimporte aus. Zwar lieferten die Ukraine und Russland in den letzten Jahren stets 30 Prozent der chinesischen Maisimporte, diese wurden aber hauptsächlich für die Verarbeitung zu Viehfutter verwendet. 

Dennoch werden nach Qians Prognosen die Kosten für Futtergetreide und Pflanzenöl steigen. Tatsächlich importierte China im vergangenen Jahr 3,21 Millionen Tonnen Gerste aus der Ukraine, was 26 Prozent aller Gesamtimporte der Volksrepublik für dieses Agrarprodukt entsprach. Von den 1,27 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl, die China 2021 einführte, kamen ebenfalls insgesamt 890.000 Tonnen aus der Ukraine und 360.000 Tonnen aus Russland. 

Der Konflikt dürfte auch die Kosten für landwirtschaftliche Materialien erhöhen, prognostiziert der Experte. In China machen die Aufwendungen für Düngemittel und Maschinen mehr als ein Drittel der Gesamtkosten der Getreideproduktion aus. Im vergangenen Jahr importierte das Land 30 Prozent seines Kalidüngers aus Russland, dem weltgrößten Düngemittelproduzenten und -exporteur. Die krisenbedingte Angebotsknappheit auf dem globalen Düngemittelmarkt dürfte die Düngemittelpreise in die Höhe treiben und die Einnahmen aus der landwirtschaftlichen Produktion verringern. 

   

Drohnen versprühen am 13. Mai Pflanzenschutzmittel über einem Weizenfeld in Handan, Provinz Hebei. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Interviewten)  

Eine entschlossene Antwort auf externe Unsicherheiten  

Wie frühere Analysen zeigen, behält China zwar sein hohes Maß an Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln bei, ist aber dennoch in gewissem Maße auf den internationalen Markt angewiesen, um seine Versorgung sicherzustellen. Im vergangenen Jahr importierte die Volksrepublik 165 Millionen Tonnen Getreide und wurde damit zum weltweit größten Getreideimporteur. Sojabohnen machen mit 96,5 Millionen Tonnen den Großteil der landwirtschaftlichen Importe aus. Hier ist man zu 90 Prozent auf Einfuhren angewiesen. 

Angesichts einer weltweiten Unterbrechung der Lieferketten betonte Staatspräsident Xi Jinping die Notwendigkeit, die heimische Agrarindustrie zu stabilisieren und die Ernährungssicherheit des Landes aus eigener Kraft zu gewährleisten. „Es wäre falsch zu glauben, dass die Nahrungsmittelversorgung in einer Industriegesellschaft kein wichtiges Thema mehr ist, oder sich darauf zu verlassen, dass der globale Markt die Probleme schon lösen wird“, betonte er. Xi forderte verstärkte Anstrengungen zur Optimierung der geografischen Verteilung und Stabilisierung der Grundgetreideproduktion bei gleichzeitiger Ausweitung der Sojabohnen- und Ölsaatenproduktion. 

Als Reaktion darauf veröffentlichte Chinas Landwirtschaftsministerium im April einen Aktionsplan zur Ausweitung des Anbaus von Sojabohnen und Ölsaaten. Dem Plan zufolge wird China in diesem Jahr mehr als 973.300 Hektar Sojabohnen und 300.000 Hektar Ölsaaten, darunter Raps, Sonnenblumen und Erdnüsse, auf staatlichen Farmen anbauen, die sich hauptsächlich im Nordosten des Landes befinden. Gleichzeitig wird in diesem Jahr versuchsweise ein Projekt zum Anbau von Sojabohnen und Mais in 16 Provinzen des Landes durchgeführt. 

Die Maisproduktion wird voraussichtlich bis zum Jahresende 273 Millionen Tonnen erreichen, fast so viel wie 2021. Die Sojabohnenproduktion dürfte derweil 18,48 Millionen Tonnen erreichen, was einem Plus von 18,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Und die Pflanzenölproduktion wird sich laut der Ministeriumsprognose auf 29,25 Millionen Tonnen belaufen, 1,1 Millionen Tonnen mehr als noch im Vorjahr. 

Im März kündigte Chinas Finanzministerium einen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 2,83 Milliarden Euro) an, um heimische Getreideproduzenten unter die Arme zu greifen. Damit sollen die durch die Verteuerung von Agrarrohstoffen bedingten gestiegenen Anbaukosten abgemildert und das Engagement der Landwirte für den Getreideanbau entfacht werden. Gleichzeitig wurden eine Million Tonnen an nationalen Kalidüngerreserven auf den Markt gebracht, um die Frühjahrsbepflanzung zu stabilisieren. 

   

Premiumweizen: Diese Weizenplantage im Dorf Zhongfang in der Provinz Sichuan fuhr im Mai eine Rekordernte ein. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Interviewten)  

Eine globale Vision für Lebensmittel  

Während Staatspräsident Xi die Notwendigkeit betont, die „rote Linie“ von 120 Millionen Hektar Anbaufläche im eigenen Land nicht zu unterschreiten und eine jährliche Getreideproduktion von mehr als 650 Millionen Tonnen sicherzustellen, setzt er sich gleichzeitig auch für eine globale Vision von Ernährung ein.  

Laut Cheng Guoqiang, Professor für landwirtschaftliche Entwicklung an der Tongji-Universität in Shanghai, wird erwartet, dass Chinas Getreidenachfrage in Zukunft zurückgehen wird, da Chinas Pro-Kopf-BIP 10.000 US-Dollar überschreitet, mit einem entsprechenden Anstieg der Nachfrage nach Viehprodukten, einschließlich Fleisch, Eiern und Milch, wie es in entwickelten asiatischen Ländern wie Japan oder Südkorea zu beobachten ist. 

Diese Veränderungen in der Ernährungsstruktur haben die Regierung dazu veranlasst, seit 2014 eine strukturelle Reform der Angebotsseite im Agrarsektor durchzuführen. Ziel ist es, die Nährwertqualität von Lebensmitteln zu verbessern, anstatt nur die Getreideproduktion zu steigern. Das ganzheitliche Ernährungskonzept wurde erstmals 2015 auf der Konferenz über ländliche Arbeit in Beijing vorgestellt, bevor es im Folgejahr im „Dokument Nummer 1“ des Zentralkomitees der KP Chinas als wichtiger Bestandteil der Reform der Angebotsseite verankert wurde. Auf der diesjährigen Tagung des Landeskomitees der Politischen Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes im März bekräftigte Staatspräsident Xi die Wichtigkeit, den Wünschen der Menschen nach einer immer vielfältigeren Ernährung gerecht zu werden.  

Xi hält es für entscheidend, sowohl die Getreideversorgung als auch die effektive Bereitstellung verschiedener Lebensmittel sicherzustellen, darunter Fleisch, Gemüse, Obst und Aquaprodukte, die alle unerlässlich seien.  

Kampf gegen Lebensmittelverlust und -verschwendung  

Ob die Ernte gut oder schlecht ist, wirkt sich unmittelbar auf die Ernährungssicherheit aus. Und diese hat in China höchste Priorität. Das Land setzt daher auf eine wirksame Agrarpolitik und eine Reihe ganz konkreter Maßnahmen. Chinas Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung ist ein gutes Beispiel hierfür. Staatspräsident Xi kündigte die Kampagne Mitte August 2020 an, mit dem Ziel, die zunehmende Urbanisierung mit der Ernährungssicherheit in Einklang zu bringen, und das zu einer Zeit, in der China sich einer grünen und nachhaltigen Entwicklung verschrieben hat. 

Restaurants im ganzen Land ergreifen jetzt Initiativen, um ihre Kunden zu ermutigen und dafür zu belohnen, bestellte Mahlzeiten vollständig aufzuessen, kleinere Portionen zu ordern oder generell weniger zu bestellen. 

„Angesichts der begrenzten Anbaufläche und der riesigen Bevölkerung ist es für China schwierig, seine Lebensmittelproduktion kontinuierlich signifikant zu steigern“, erklärt Cheng Guangyan, Direktorin des Zentrums für Politikforschung über Tierfutter und -ernährung des Instituts für Lebensmittel- und Ernährungsforschung (IFND) des chinesischen Landwirtschaftsministeriums. „Es ist daher notwendig, unsere traditionelle Denkweise anzupassen und Lebensmittelverluste und Nahrungsmittelverschwendung im gesamten Prozess – von der Ernte über den Transport und die Lagerung bis hin zu Verarbeitung und Verbrauch – zu verhindern.“  

Nach Schätzungen des IFND liegt die Lebensmittelverlustrate in China bei 14,7 Prozent und damit nahe am Weltdurchschnitt (13,8 Prozent), niedriger aber als in Süd- und Zentralasien (20,7 Prozent) und höher als in einigen Industrieländern wie Australien und Neuseeland (5,8 Prozent). 

„Die nächsten 15 Jahre stellen einen kritischen Zeitraum dar, um die Initiative ‚Gesundes China‘ voranzubringen und unser Agrarsystem zu modernisieren“, mahnt Cheng. „Angesichts der zunehmenden Ressourcenknappheit und der wachsenden Nachfrage der Bevölkerung würde eine Intensivierung der Bemühungen zur Vermeidung und Reduzierung von Verlusten und Verschwendung enorme wirtschaftliche und ökologische Vorteile bringen. Und diese dürften letztendlich zum Aufbau eines in aller Hinsicht modernen sozialistischen Landes beitragen,“ so die Expertin. 

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