13-03-2012
Porträt
PKKCV-Mitglied Huang Youyi: China soll sich im Ausland besser präsentieren
von Zeng Wenhui

Die weltweite Präsentation der chinesischen Kultur und die Reform der Kulturwirtschaft sind zwei der herausragenden Themen auf der 5. Tagung des 11. NVK und der 5. Tagung der 11. PKKCV. Unsere Reporterin Zeng Wenhui hat Huang Youyi, Mitglied des Landeskomitees der PKKCV und Vizedirektor und Chefredakteur der China International Publishing Group (CIPG) interviewt. Unter der Holding der CIPG sind die meisten der in Fremdsprachen publizierenden chinesischen Medien zusammengefasst. Huang ist zudem Vorsitzender der Chinesischen Vereinigung der Dolmetscher und Übersetzer.

Huang Youyi im Gespräch mit Beijing Rundschau (Foto: Shi Gang)

 

 

Beijing Rundschau: Wenn von der weltweiten Verbreitung der chinesischen Kultur die Rede ist, denken die meisten Menschen für gewöhnlich an die traditionelle chinesische Kultur. Als Sie auf der Frankfurter Buchmesse 2009 den Vorsitz über ein Forum unter dem Titel „Die internationale Sinologie und das heutige China" führten, hoben Sie in Ihrer Rede besonders das „heutige China" hervor. Müssen wir bei der Präsentation Chinas unser Augenmerk vor allem auf das heutige China legen?

 

Huang Youyi: Ja. Ich bleibe bei meiner Auffassung. Ausländer interessieren sich für die fünftausend Jahre alte chinesische Geschichte, zum Beispiel das Begehen traditioneller chinesischer Festtage. Heute, wo Ausländer und Chinesen in engem Kontakt miteinander stehen, wollen Ausländer, die in China Geschäfte betreiben, hierzulande studieren, arbeiten und reisen, aber vor allem das heutige China kennen lernen. Deshalb müssen wir ihnen nicht nur das traditionelle, sondern auch das moderne China vorstellen.

Ich frage oft Ausländer, was sie an China besonders interessiert. Sie antworten mir dann meist, dass sie sich informieren wollen über Filme, über das, was im Fernsehen läuft, das Familienleben, junge Leute, die Wohnungsfrage, die Lage auf dem Arbeitsmarkt, Schulbesuch, Eheleben usw., alles Themen aus dem heutigen China. Mit der Entwicklung Chinas, dem Wachstum der chinesischen Exportwirtschaft, den immer häufigeren Auslandsreisen von Chinesen und der Einreise von Ausländern, gibt es eine immer größere Schnittmenge internationaler Kontakte. Deshalb müssen wir Ausländern dabei helfen, mehr über das heutige China in Erfahrung zu bringen.

 

Chinas Medien im Wandel

 Beijing Rundschau: Wie können sich Chinas fremdsprachige Medien, die in den fünfziger und sechziger Jahre als Propagandainstrumente der Regierung gegründet wurden, vor dem Hintergrund der raschen Entwicklung der neuen Medien und der Reform der Kulturindustrie verändern? Wie können sie ihre traditionelle Aufgabe der Imagepflege der Volksrepublik China weiterhin erfüllen?

Huang Youyi: Die Beijing Rundschau entstammt zwar der alten Zeit, ist aber zugleich eine neue Zeitschrift. Ihre Hauptaufgabe ist es, chinesische Gesetze und gesetzliche Verordnungen, die Innen- und Außenpolitik, die wirtschaftlichen Reformen etc. des heutigen Chinas der Welt vorzustellen. Sie ist eine Zeitschrift, die eine viele Jahrzehnte umfassende Geschichte aufzuweisen hat, aber ihre Inhalte sind neuartig und aktuell. Obwohl heute vielfach die Reform betont wird, bezieht sich diese Reform nur auf das Management einer Zeitschrift, nicht auf das Wesen der Berichterstattung. Die Beijing Rundschau ist auf ausländische Leser zugeschnitten, die der Bildungsschicht angehören. Ausländer sollen durch die Beijing Rundschau Nachrichten über das Zeitgeschehen, die Politik Chinas sowie die chinesische Führung vermittelt bekommen. Die meisten Leser der Beijing Rundschau sind Ausländer aus der Mittel- und Oberschicht.

Als ich einmal auf einem Flug mit einem kanadischen Geschäftsmann ins Gespräch kam, der sich gerade auf einer Chinareise befand, fragte ich ihn nach seinem Bild von China. Er meinte, China hätte einen guten Eindruck bei ihm hinterlassen, er sich selbst aber wie ein Blinder fühle, weil er kein Chinesisch kann. Ich überreichte ihm ein Exemplar der Beijing Rundschau. Er tat einen Blick auf einen Artikel über die Reform des Steuersystems in Shanghai. Er sagte, dass ihn zwar seine Geschäfte nicht wieder so bald nach China führten, er aber das Land besser kennen lernen wollte, wobei ihm die englischsprachige Beijing Rundschau wahrscheinlich wertvolle Dienste erweisen würde. Er wollte sie nach seiner Rückkehr abonnieren.

Meiner Meinung nach liegt der Schlüssel zum Erfolg einer Zeitschrift wie der Beijing Rundschau darin, möglichst umfassend auf die Wünsche der Leser einzugehen. Wenn man einen Artikel für amerikanische Leser schreibt, muss man wissen, über welche Themen sie gerne etwas lesen, welche Wortwahl und welche Stilmittel sie bevorzugen. Die Artikel können nicht entlang der Denkungsart unserer Redakteure und Reporter geschrieben werden, die sich nun einmal nicht von "chinesischen Eigenschaften" trennen können, sondern müssen nach den Bedürfnissen der Leser geschrieben werden und Antworten geben auf deren Fragen. Das ist der Schlüssel für die ansprechende Gestaltung einer Zeitschrift.

 

Alte gegen neue Medien

 

Beijing Rundschau: Wie reagieren die traditionellen Medien auf die Herausforderungen, vor die sie durch die neuen Medien gestellt werden?

 

Huang Youyi: Alle traditionellen Medien müssen die Entwicklung der neuen Techniken verfolgen und sie sich zu Eigen machen, was aber nicht bedeutet, dass sie ihre traditionellen Angebote aufgeben.

Als ich vor drei Monaten den Verlag des „Wall Street Journal" besuchte, wurde mir mitgeteilt, dass sowohl die Auflage ihrer Druckausgabe als auch die Klickzahlen ihrer elektronischen Ausgabe steige; mit dem Anstieg der Auflage ihrer Druckausgabe habe sich das Anzeigenaufkommen erhöht, während die wachsende Beliebtheit der elektronischen Ausgabe nicht zu einer Steigerung der Einnahmen durch Anzeigen führte. In den USA, dem technisch am meisten entwickelten Land, haben die elektronischen Publikationen bis heute kein profitables Geschäftsmodell gefunden. Das „Wall Street Journal" kann ihre Druckausgabe nicht einstellen, denn dann gäbe es kein Anzeigengeschäft mehr. Deshalb kann die Papierausgabe der traditionellen Medien noch immer ihre Funktion erfüllen. Man kann nicht sagen, dass die Papierausgabe mit der Entwicklung der neuen Medien keine Lebenskraft mehr hätte. Meiner Meinung nach muss man heute von zwei Medienarten Gebrauch machen, indem man mit den neuen Medien junge Leser anzieht und die Druckmedien Bibliotheken, Forschungsinstitute und Leser mittleren und hohen Alters bedienen.

Meiner Meinung nach haben alle traditionellen chinesischen Medien, die sich an das Ausland richten, die Kraft zu überleben. Es kommt darauf an, ob es ihnen gelingt, Inhalte zu generieren, die Ausländern lesenswert erscheinen. Unsere Medien müssen viel Zeit und große Mühen auf diese Aufgabe wenden. Außerdem gilt es, den Markt für fremdsprachige Publikationen mit dem internationalen Buchmarkt zu verbinden. Da der chinesische Markt heute in den Weltmarkt integriert ist, können sich die chinesischen Medien weder vom Weltmarkt loslösen noch über ihm stehen. Sie müssen als Teilnehmer und Träger des Marktes auftreten.

 

Die Kunst der Übersetzung

 

Beijing Rundschau: Sie sind ein erfahrener Insider auf dem Gebiet der Organisation von Übersetzungen ausgezeichneter wissenschaftlicher Beiträge und literarischer Werke von vorzüglicher Qualität. Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um die Rezeption chinesischer Literatur im Ausland in Übersetzungen zu fördern?

 

Huang Youyi: Vor allem gilt es, diejenigen Werke zu übersetzen, die bei einem ausländischen Publikum ankommen. Dadurch wird Interesse an chinesischen Werken allmählich geweckt und kann sich später auch auf ungewohntere literarische Kost ausdehnen. Man sollte ihnen aus eigener Initiative etwas vorstellen, was ihnen zunächst noch fremd ist.

Es gibt derzeit gar nicht wenige Übersetzungen chinesischer Werke in Fremdsprachen. Dennoch sind viele davon bei ausländischen Lesern nicht beliebt, beziehungsweise im Ausland schlecht verkäuflich. Die Ursache dafür liegt darin, dass diese Werke nicht von Übersetzern übertragen wurden, die über die erforderliche Fachkenntnis verfügten. Die Übersetzung und Herausgabe fremdsprachiger Publikationen erfordert Intelligenz und ein hohes Sprachniveau der Übersetzer und Redakteure. Leider mangelt es bisher daran. Ausländische Fachkräfte sollten hinzugezogen werden. Typische chinesische Redewendungen und Ausdrucksweisen, die durch eine Übersetzung hindurchschimmern, wirken auf einen ausländischen Leser unfreiwillig komisch. Die Beijing Rundschau leistet in dieser Hinsicht allerdings eine gute Arbeit. Ihre Journalisten arbeiten nicht hinter den Kulissen. Ihre Artikel werden von ausländischen Redakteuren bearbeitet und poliert. Damit wird gewährleistet, dass die Inhalte Ausländern verständlich sind.