Die FAO bestätigt Berichte aus den fünf nordchinesischen Hauptregionen der Weizenproduktion über eine bevorstehende Dürrekatastrophe. Auf der Grundlage von Meldungen aus den betroffenen Gebieten spricht die Welternährungsorganisation davon, dass „die fortgesetzte Trockenheit potenziell ein ernstes Problem" für die diesjährige Weizenernte darstellt. Die von der Dürre am härtesten getroffenen Provinzen sind Shandong, Jiangsu, Henan, Hebei und Shanxi, die zusammen rund zwei Drittel der chinesischen Weizenproduktion stellen.
Seit Wochen sprechen chinesische Regierungsbeamte über die Gefahr einer Missernte in den Hauptanbaugebieten. Die Provinz Shandong im chinesischen Kernland an der Mündung des Gelben Flusses hat seit letzten September lediglich 12 Millimeter Niederschläge pro Quadratmeter zu verzeichnen gehabt. Sollten bis zum Monatsende nicht ergiebige Niederschläge zu verzeichnen sein, steht die schlimmste Dürre seit zweihundert Jahren bevor. Zur Dämpfung der inflationären Preisentwicklung bei Grundnahrungsmitteln hat die chinesische Regierung in den letzten Monaten die Verkaufspreise für eine Reihe von Lebensmitteln reguliert und Lebensmittel aus staatlichen Beständen auf den Markt geworfen. Am 8. Februar wurde zudem eine weitere Erhöhung der Basiszinssätze bekannt gegeben.
Der Bericht der FAO spricht von Wassermangel als wahrscheinlichem Faktor für die erheblichen Preisanstiege bei Weizenmehl im Einzelhandel. Innerhalb von nur zwei Monaten waren die Preise um acht Prozent gestiegen, im Januar kostete Weizenmehl um 16 Prozent mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres. In früheren Berichten hatte die FAO der Regierung zu kurzfristigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation geraten.
Die Weizenproduzenten der Welt, darunter die USA, stellen sich unter den Rahmenbedingungen schlechten Wetters in Australien und eines sechsmonatigen Exportverbot von Weizen aus Russland im Gefolge der großflächigen Brandkatastrophen im letzten Sommer auf einen erhöhten Bedarf an Importweizen in China ein. Unter Bezugnahme auf die Dürre in Nordchina spricht die New Yorker Wirtschaftsberatungsfirma Commodore Research & Consultancy davon, das China zwar weiterhin der Welt größter Weizenproduzent sein werde, sich die Aussichten auf die diesjährige Ernte jedoch dramatisch verschlechtert hätten.
Chinas Kornkammer im Norden des Landes hat seit Oktober vergangenen Jahres nur spärliche Regenfälle verzeichnen können, was nach Angaben der FAO die Ernte von Winterweizen im Juni gefährden könnte. Eine dünne Schneedecke könne die Ursache für ein verspätetes Aufkeimen der Weizensaat sein.
Nach offiziellen chinesischen Angaben sind 5,16 Millionen Hektar von insgesamt 14 Millionen Hektar in den betroffenen Gebieten bedroht. 2,57 Millionen Menschen und 2,79 Millionen Stück Vieh litten bereits unter Mangel an Trinkwasser. Die FAO spricht davon, das eine auch über das Frühjahr hindurch anhaltende Trockenperiode oder ungewöhnlich niedrige Temperaturen im Februar die Situation kritisch zuspitzen könnte. Die chinesische Regierung hält einen umfangreichen Weizenvorrat vor, der sich Ende 2010 auf mindestens 53 Millionen Tonnen belaufen habe, sagt Ma Wenfeng von der Orient Agribusiness Consultant Ltd. aus Beijing, einem Unternehmen, das Entwicklungen auf dem chinesischen Getreidemarkt aufmerksam verfolgt. Beijing stieß letztes Jahr zwar große Mengen der Lagerbestände ab, hält aber noch genügend Vorräte, die als Sicherungspolster vor Versorgungsengpässen schützen können. |