03-12-2010
Tagungsthemen
Erfolg der chinesischen Börsen
von Lan Xinzhen

Am 19. Dezember 2010 feiern die Börsen in China ihren zwanzigsten Geburtstag. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden Wertpapiermärkte geschaffen, die trotz der Asienkrise im Jahr 1997 und trotz der weltweiten Finanzkrise 2008 stetig gewachsen sind. Nun öffnen sie sich gegenüber dem Rest der Welt und verschmelzen mit den internationalen Finanzmärkten. Ihr Beitrag zur Ankurbelung der chinesischen Wirtschaft ist unbestritten, doch mit ihrem andauernden Wachstum in einer sich ständig verändernden Umgebung stellt sich die Frage: Wie sieht die Entwicklung in nächster Zukunft aus?

Kan Zhidong wird das laute Schlagen der Glocke am 19. Dezember 1990 nie vergessen. Mit diesem Glockenläuten eröffnete Zhu Rongji, der damals Bürgermeister von Shanghai war, die Shanghaier Börse. Sie war der erste Wertpapiermarkt Chinas. Der Glockenschlag läutete große Veränderungen für das ganze Land ein.

Kan Zhidong war damals Geschäftsführer von Shenyin Securities Co. Ltd. und an den Vorbereitungen für die Eröffnung der Börse beteiligt. Shenyin war damals eine von nur drei Wertpapierfirmen in Shanghai.

Einige Monate später, am 13. Juli 1991, wurde die Börse von Shenzhen eröffnet.

In diesen zwanzig Jahren liegen die chinesischen Börsen mit ihrer Marktkapitalisierung weltweit an zweiter Stelle nach den USA. Am 20. November 2010 waren an den beiden Börsen 2077 Aktiengesellschaften notiert; im Jahr 1990 waren es nur acht gewesen. Die Marktkapitalisierung beträgt mehr als 25 Billionen Yuan (2,8 Billionen Euro) im Vergleich zu 1,21 Milliarden Yuan (138 Millionen Euro) im Jahr 1990.

Erinnerungen aus zwei Jahrzehnten

Die Einrichtung der Börsen in Shanghai und in Shenzhen zeigen der Welt, wie ernst es China mit den Reformen war; in China selbst war vielen Menschen nicht klar, ob Wertpapiermärkte China auf den Weg zum Sozialismus oder auf den Weg zum Kapitalismus führen würden.

Cao Fengqi, der Direktor des Instituts für Finanz- und Wertpapiermärkte an der Peking-Universität war einer jener Wissenschaftler, die vorschlugen, dass China seine eigenen Börsen haben sollte. „Damals gab es heftige Kontroversen über die Wertpapiermärkte und viele Menschen verstanden ihre grundlegende Funktion nicht richtig", sagt er.

Die Debatte sollte bis Januar 1992 andauern, als sich Deng Xiaoping während eines Besuches in Shenzhen positiv über die Börsen äußerte.

„Die Börsen wären womöglich wieder geschlossen worden, hätte Deng Xiaoping ihnen keine Anerkennung gezollt", erklärt He Qiang, der Leiter des Instituts für Aktien- und Termingeschäfte der Zentralen Hochschule für Wirtschaft und Finanzwesen: „Aber bestimmt hätten sie sich nicht so entwickelt, wie es dann der Fall war."

Die Börsen hatten auch ihre Schattenseiten: Einzelpersonen konnten in den Anfangsjahren beispielsweise die Aktienkurse beeinflussen. Eines Tages fielen die Börsenkurse in Shanghai dramatisch, was die Investoren in Panik versetzte, erzählt Kan Zhidong. Um sie zu beruhigen, stellte sich Wei Wenyuan, der Geschäftsführer der Shanghaier Börse, mitten aufs Parkett im großen Saal und verkündete lauthals, dass die Kurse nicht weiter fallen würden. Und zu seiner Überraschung, sagt Kan Zhidong, legten die Kurse bald wieder zu.

Doch solche Fehlentwicklungen schadeten den noch unreifen Wertpapiermärkten und führten zum „Zwischenfall vom 10. August" 1992 und zum „327-Staatsanleihen-Zwischenfall" 1995. Als Reaktion auf den „Zwischenfall vom 10. August" richtete die Regierung im Oktober 1992 die Chinesische Wertpapieraufsicht ein, die Aktien- und Termingeschäfte überwacht und den Markt reguliert. Nach dem „327-Zwischenfall" wurde das Wertpapiergesetz verabschiedet, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Aktienmärkte schuf.

Heute hat China ein vielschichtig strukturiertes System an Aktienmärkten aus den zwei wichtigsten Börsen in Shanghai und Shenzhen; dazu kommen die KMU-Börse und ChiNext, eine Börse für Technologieunternehmen.

Die Märkte überstanden die Asienkrise im Jahr 1997 und die weltweite Finanzkrise 2008. In den letzten Jahren beeinflussen sie sogar Aktienkurse an Börsen im Ausland.

In einem Bericht des internationalen Börsenbetreibers NYSE Euronext heißt es, dass China im ersten Halbjahr 2010 gemessen am gesamten Emissionsvolumen der größte Markt für Börsengänge war, gefolgt von den USA und Japan. Von Januar bis Juni war die Börse von Shenzhen international führend, mit 161 Börsengängen und einem Emissionsvolumen von insgesamt 22,6 Milliarden US-Dollar (17,1 Milliarden Euro). NYSE Euronext stand mit 55 Börsengängen und 13,4 Milliarden US-Dollar (10,2 Milliarden Euro) an zweiter Stelle. Den dritten Platz belegte die Börse in Tokyo und den vierten die Shanghaier Börse.

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