02-03-2009 Beijing Rundschau
Internet fördert Demokratisierung in China
von Zeng Wenhui

Beijing Rundschau: Wie lässt sich ein Ausgleich schaffen zwischen der demokratischen Kontrollfunktion des Internets und dem Schutz der Privatsphäre?

Liu: Es gibt in China noch keine einheitliche Definition des Begriffs der Privatsphäre. Manch einer vertritt die These, dass Körpergewicht, Körpergröße, Telefonnummer, Adresse und der Name des Arbeitgebers eines Menschen zu dessen Privatleben zählen. Aber diese Daten sind meines Erachtens nur im Sinne der Soziologie private Angaben. Der „Privatsphäre" im gesetzlichen Sinne gehören meiner Meinung nach persönliche Informationen an, die mit der Würde des Menschen zu tun haben, nicht aber Gegenstand öffentlichen Interesses sind. Zu diesen schutzwürdigen Gütern gehört etwa die Veröffentlichung von Nacktbildern ohne Einwilligung der Betroffenen, da dies psychische und soziale Konsequenzen für die Opfer haben kann. Diese Kriterien stecken den Rahmen der Privatsphäre im gesetzlichen Sinne ab. Telefonnummer, Anschrift, Namen des Arbeitgebers etc. sind lediglich Informationen, die der Kontaktaufnahme dienen. Durch Veröffentlichung im Internet werden die Betreffenden nicht unmittelbar geschädigt. Nur der Missbrauch dieser Informationen sollte vom Gesetz bestraft werden.

 

Beijing Rundschau: Welche Rolle spielt ihrer Meinung nach das Internet beim Aufbau eines demokratischen Chinas?

Liu: Das Internet ermöglicht es mehr Leuten, sich am demokratischen Aufbau Chinas zu beteiligen. Zahlreiche Gesetzesverstöße wurden in den letzten zwei Jahren im Internet veröffentlicht und anschließend von den zuständigen Behörden im Sinne geltenden Rechts behandelt. Diese Vorgehensweise wurde durch das Internet angeregt, gefördert und überwacht. Im Zeitalter traditioneller Medien wäre das gar nicht möglich gewesen.

Zugunsten des demokratischen Aufbau Chinas kann die Regierung einerseits im Internet Umfragen veranstalten und sich so ein Meinungsbild über Wünsche und Forderungen der Bevölkerung verschaffen. Andererseits kann die Regierung alle wichtigen Informationen rechtzeitig im Internet veröffentlichen, um Vetternwirtschaft vorzubeugen und die Transparenz des Regierungshandelns zu erhöhen. Umfassende Information kann einen Sachverhalt ins rechte Licht rücken, und die Regierung muss sich dann an ihren Taten messen lassen. Diese Taten sollten mit den ursprünglichen Absichten, die im Voraus veröffentlicht worden sind, dann auch übereinstimmen. Dies erleichtert die Kontrolle der Regierungsarbeit durch die Öffentlichkeit. Zugleich kann so der Bürgerwille stärker in die politischen Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

 

Beijing Rundschau: Viele Menschen legen im Internet extreme Verhaltensweisen an den Tag, manche äußern Beleidigungen oder verbreiten üble Nachrede. Viele Leute halten die Moral der Internetbenutzer in China noch für wenig entwickelt. Wie sieht eine angemessene Etikette für Internetbenutzer aus?

Liu: Das Internet ist virtuell, offen und frei. Viele Internetbenutzer sind im Internet rücksichtslos und ungezwungen, da sie keine Sanktionen zu befürchten haben. Deshalb sind Benehmen und Wortwahl mancher Leute in Internet undiszipliniert und unhöflich.

Ich meine, dass die Internetbenutzer lernen sollten, die anderen zu respektieren. Andere zu respektieren und auch sich selbst zu respektieren. Sie haben das Recht zur demokratischen Kontrolle der Regierung und das Recht auf freie Meinungsäußerung im Internet. Aber Recht und Freiheit haben auch Grenzen.

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